Das Konkrete

[Siboa]

Ich hatte eigentlich auch gehofft, dass ich die grundlegenden Kursgedanken irgendwann mal abhaken kann. Sieht derzeit eher nicht so aus.

Ich habe den Beitrag hier jetzt unter die Überschrift "Das Konkrete" gestellt, aber eigentlich ist das Thema, das mich seit Tagen beschäftigt, das Hören und das Nicht-hören-wollen, und wie ungut das halbe und ungenaue Hören ist. In dieser alten Vogelgeschichte habe ich auf etwas, das ich intuitiv gehört habe, sofort mit einer Abwehr reagiert ("Das ist ja schrecklich! Das will ich nicht hören!"), aber jede Abwehr erzeugt bekanntlich das, was sie abwehren soll, und so wird die ganze Welt der Illusionen erzeugt. Alles, was ich verurteile, mache ich dadurch wirklich, dass ich es verurteile. Wenn man wehrlos ist, dann ist man sehr offen und aufmerksam, und man hört zu. Ich beobachte mich jetzt, wie oft am Tag ich auf irgendetwas spontan mit einem Widerwillen reagiere, mit einer Barriere, die ich dagegen aufbaue, und das ist sehr oft. (Wozu habe ich dann überhaupt so lange den Kurs gelesen und geübt, was habe ich denn da überhaupt geübt?) Und das hat dann wieder etwas mit dem Hören zu tun. Ich kann es nicht klarer sagen als so, weil ich gerade mittendrin stecke.

Danke für deine Antwort, ich habe mich sehr verstanden gefühlt!

Elisabeth

Das, was du hier schreibst, kann ich sehr gut nachempfinden. Sehr häufig gehe ich in Bezug auf schmerzhafte Wahrnehmung auf Abwehr. Schließe mich in einen Gedankenrapunzelturm ein. Ich empfinde tiefe Trauer über Vieles was ich sehe. ( Ich richte meinen Fokus auf Menschen, die dem Alkohol verfallen sind). Ich merke wie die Luft immer dünner wird und vielleicht dient der Kurs nur als SuperAbwehrwaffe gegen all die Angst vor Verwahrlosung, Abhängigkeit und Elend und hoffnungsloser Einsamkeit und Überforderung.


Susanne

[Elisabeth]

Das, was du hier schreibst, kann ich sehr gut nachempfinden. Sehr häufig gehe ich in Bezug auf schmerzhafte Wahrnehmung auf Abwehr. Schließe mich in einen Gedankenrapunzelturm ein. Ich empfinde tiefe Trauer über Vieles was ich sehe. ( Ich richte meinen Fokus auf Menschen, die dem Alkohol verfallen sind). Ich merke wie die Luft immer dünner wird und vielleicht dient der Kurs nur als SuperAbwehrwaffe gegen all die Angst vor Verwahrlosung, Abhängigkeit und Elend und hoffnungsloser Einsamkeit und Überforderung.


Susanne

Es steht mir nicht zu, dir Ratschläge zu geben, und dazu ist dieses Forum auch nicht da, aber mein erster spontaner Gedanke zu deinem Posting war: Raus aus diesem Job! Eine so zehrende Arbeit kann man eine Zeit lang machen, aber eben nur eine Zeit lang, und ich bewundere alle Menschen, die das auch nur eine kurze Zeit lang durchstehen. Als Kursschülerin müsste ich natürlich sagen: Gib es IHM! Aber das eine schließt ja das andere nicht aus.

Danke für deine Antwort.

Elisabeth

[Siboa]

Das, was du hier schreibst, kann ich sehr gut nachempfinden. Sehr häufig gehe ich in Bezug auf schmerzhafte Wahrnehmung auf Abwehr. Schließe mich in einen Gedankenrapunzelturm ein. Ich empfinde tiefe Trauer über Vieles was ich sehe. ( Ich richte meinen Fokus auf Menschen, die dem Alkohol verfallen sind). Ich merke wie die Luft immer dünner wird und vielleicht dient der Kurs nur als SuperAbwehrwaffe gegen all die Angst vor Verwahrlosung, Abhängigkeit und Elend und hoffnungsloser Einsamkeit und Überforderung.


Susanne

Es steht mir nicht zu, dir Ratschläge zu geben, und dazu ist dieses Forum auch nicht da, aber mein erster spontaner Gedanke zu deinem Posting war: Raus aus diesem Job! Eine so zehrende Arbeit kann man eine Zeit lang machen, aber eben nur eine Zeit lang, und ich bewundere alle Menschen, die das auch nur eine kurze Zeit lang durchstehen. Als Kursschülerin müsste ich natürlich sagen: Gib es IHM! Aber das eine schließt ja das andere nicht aus.

Danke für deine Antwort.

Elisabeth

Danke für die Antwort. Ich arbeite nicht in der Suchthilfe. Aber ich habe das Gefühle, dass meine Wahrnehmung von Not und Elend unglaublich geschärft ist. Und es überkommt mich halt oft ein Gefühl von tiefem Bedauern.


Susanne

[Michaela_Maria]

Das "Authentische" (Konkrete) gerät mehr und mehr in den Hintergrund. W
Gregor

Lieber Gregor,

das verstehe ich überhaupt nicht. Kannst du das erklären?


Susanne
[/quote]

Nun ist es so, dass ich auch nicht alles genau begreife, was Gregor schrieb. Jedoch diesen Satz verstehe ich sehr gut. Allerdings nicht durch - tja, is so es - ekw, sondern durch

http://www.youtube.com/user/FacelessFilm...V1Qo5cPMgo

(alle 4/8 Filme aktiv mitmachen!)

Ja, das Konkrete, und ich behaupte ja unentwegt, dass ich so ein "Fan" des Konkreten bin, - gerät aber von sowas mal ebenso unentwegt in den Hintergrund.
Was ist denn tatsächlich JETZT, genau JETZT konkret????
Irgendwelche Geschichten, die ich mir selber gedanklich mit überbordender Begeisterun erzähle?
Die Geschichten, die ich drüber erzähle, dass ich hätte den Vogel retten können, wenn ich nur gewollt hätte? (ich kann mich da supergut reinfühlen, Elisabeth!)
667 hat manchmal andere gefragt, warum sie sich dies oder jenes antun. Ich dachte: häh, was denn antut??

Jetzt frag ich mich, diesmal als Elisabeth, selber: äh, sag mal, was für eine Geschichte erzählst du dir eigentlich gerade jetzt, dass du, wenn du nur schon vorher sensitiver gewesen WÄRST....!!! zumindest EINEN Vogel hättest retten können? Stimmt die Geschichte zum Beispiel überhaupt? Kannst du dir zu 1000 % (100 genügen da schon nimmer ;-) )) sicher sein, dass du zu unsensitiv wars? usw. usf.....

Wenn das wirr rüber kommt, so ist das eben die Sache, dass ich es so schlecht erklären kann, vor allem, weil ich, also MM (hihi) es selber noch andauernd "mache": Geschichten erzählen, die mit dem, was JETZT konkret ist, nix zu tun haben.

Zu spüren ist, dass derlei Geschichten irgendwie eine sehr unangenehme Auswirkung haben (schlechtes Gewissen, Schuldgefühle usw.) - weswegen dann beispielsweise 667 fragt: sag mal, warum tust du dir das denn an...
Zu "Schuldgefühle": hier greift wieder der Kurs, der mir unentwegt sagt, ne, Schuld gibts nicht! Aus! Basta! Finito!
Was löste das bei mir aus?
Was löst das eigentlich bei dir aus, Lisa? Schuld - gibts nicht.

Doch ganz ganz ganz allein durch den Kurs und die Lektionen komme/kam ich nicht drauf. Ich brauchte schon die - hihi, konkreten - Experimente von Douglas E. Harding - siehe Link oben.

Da meldet sich doch grad so ein kleiner Kläffer: sehr verbrecherisch! Nicht kursisch! NUR durch den Kurs und die Lektionen hättest du ....usw. GÄÄÄÄÄHN _ Ja liebe Zeit, ich brauch halt Kamillen - (liebe ich über alles!! kenn fast niemand, der Kamillentee mag, ist mir ein Rätsel) und Pfefferminztee. So what??
Und so wird dann ein Schuh draus, was Gregor in viel einfacheren Worten erläutert.

[Siboa]

Danke MM. Das war eine klare Antwort. Leider ist mein Schleppi ein wenig lahm, aber ich werde bei nächster Gelegenheit diese Experimente machen.


Susanne

[Elisabeth]

War sie heimtückisch und "böse"? War der Zaunkönig unschuldig und "gut"? - Ich weiß es nicht.

Elisabeth meinte, dass "Tiere authentisch" sind. Sie folgen einfach einem wesentlichen Gesetz der Welt: Fressen und gefressen werden. Das Überleben hängt direkt vom Tod ("anderer") ab, Täter und Opfer. Darauf sind ihre Instinkte ("Programmierung") ausgerichtet, danach richtet sich ihr Verhalten. Der Täter ist nicht böse und das Opfer ist nicht gut.

Das stimmt natürlich, aber muss man solche moralischen Kategorien überhaupt ins Spiel bringen? Ich kann überhaupt nichts damit anfangen, bin nicht mal hundertprozentige Vegetarierin. Tiere sind auf eine ähnliche Weise authentisch wie kleine Kinder. Es ist einfach klar, wie sie sich fühlen, das ist alles.

WIRKLICHKEIT ist vollkommene Abstraktion, nichts Konkretes, also unterliegt auch der Trennungsgedanke dem Versuch, ihn durch Abstraktion wirklich zu machen. Was aber nie funktionieren kann.

WIRKLICHKEIT ist natürlich nichts Konkretes. Aber beginnt nicht alles (Ver)-Lernen erst mal am Konkreten? Beziehen sich nicht alle Vergebungslektionen zuerst einmal auf konkrete Personen oder Situationen? Gäbe es sonst überhaupt einen Sinn, von Vergebung zu sprechen?

Elisabeth

PS: Noch ein kleiner Nachtrag: Die WIRKLICHKEIT ist natürlich nicht das Konkrete, aber das Konkrete ist auch nicht der Feind der WIRKLICHKEIT. Das Konkrete wäre ganz harmlos, wenn ich es nicht bewerten, beurteilen und bekämpfen würde. Ich glaube, darauf wollte ich hinaus. Danke jedenfalls für deine Antwort, hilft sicher beim Klären.

[Elisabeth]

Jetzt frag ich mich, diesmal als Elisabeth, selber: äh, sag mal, was für eine Geschichte erzählst du dir eigentlich gerade jetzt, dass du, wenn du nur schon vorher sensitiver gewesen WÄRST....!!! zumindest EINEN Vogel hättest retten können? Stimmt die Geschichte zum Beispiel überhaupt? Kannst du dir zu 1000 % (100 genügen da schon nimmer ;-) )) sicher sein, dass du zu unsensitiv wars? usw. usf.....

Voll ins Schwarze. Zwei Antworten:
Erstens: Es ist hier in diesem Beitrag egal, ob die Geschichte wahr ist oder nicht. Es ist ein Beispiel, könnte genausogut ein Zitat aus einem Märchenbuch sein, das würde keinen Unterschied ausmachen.
Zweitens: Ich habe angefangen, auch ein paar andere Erinnerungen, die etwas mit dem Hören zu tun haben, nur für mich aufzuschreiben, und sie haben sich alle beim Aufschreiben verändert. War es wirklich so? Und dann war es anders.

Zu spüren ist, dass derlei Geschichten irgendwie eine sehr unangenehme Auswirkung haben (schlechtes Gewissen, Schuldgefühle usw.)

Was löste das bei mir aus?
Was löst das eigentlich bei dir aus, Lisa? Schuld - gibts nicht.

Ja, da sind sehr viele Schuldgedanken. Das ist mir auch erst beim Niederschreiben aufgefallen, aber es ändert sich dann mit dem Niederschreiben, oder damit, dass man es anderen erzählt. Es ging mir in der Vogelgeschichte nicht um irgendeine Mission zur Rettung von Vögeln. Es ging mir darum, wie einfach eine Situation sein kann, wenn man sieht, was man sieht, und hört, was man hört. Und was für eine Belastung daraus werden kann, wenn man mit sich selber im Clinch liegt, ob man das hören will, was man hört.

Elisabeth

[Elisabeth]

Dieser Schmerz kann nicht so strukturlos für sich stehen, denn dann würde man eine Ahnung bekommen, wo er hingehört und gleichzeit die Schuld über die Trennung spüren, also tarnt sich der Schmerz und sucht sich ein geeignetes Objekt und darauf wird er projeziert. Bei mir ist das Objekt die Tiere.

So verstehe ich das mit dem Schmerz.

Damit kann ich etwas anfangen, danke!

Elisabeth

PS Der thread läuft momentan etwas schnell, und ich hab die vorherigen Beiträge zuerst gar nicht gesehen. Sorry wenn meine Antworten in einer etwas wirren Reihenfolge kommen.

[Elisabeth]

Es gibt eine Redewendung, von der ich nicht mehr weiß, wo ich sie her habe, aber das ist egal. Sie lautet: „Hier ist die Rose, hier tanze!“ So verstehe ich den Satz im Kurs, den ich im Eröffnungsstatement zitiert habe: „Tu dieses eine, damit alles dir gegeben werde.“ In schwierigen Vergebungssituationen habe ich mir schon oft gedacht: ich könnte jedem anderen Menschen alles andere vergeben, aber warum muss es ausgerechnet dieser Mensch und ausgerechnet das sein? Es hat mir in solchen Situationen noch niiiiie geholfen, mich daran zu erinnern, dass alle Personen und Situationen nur Illusion sind, und dass es keine Schuld gibt, das kommt erst viel später. Aber der Satz „Hier ist die Rose, hier tanze!“ hat mir schon oft geholfen. Wenn ich diese Vergebungslektion nicht akzeptieren will, dann will ich gar nicht vergeben. Aber diese Vergebungslektion ist immer konkret, und sie zu akzeptieren ist der erste Schritt zur Vergebung, die weiteren Schritte sind dann schon leichter als dieser erste. So geht es mir jedenfalls.

Auch Eingebungen können sehr konkret sein, und man kann dann auch denken: aber bitte nicht das, nicht jetzt, nicht so. Nochmal zur Vogelgeschichte: Ich hatte intuitiv auf den Vogel reagiert, nicht auf die Katze und nicht auf die Staubmilben in den ungeputzten Ecken, sondern eben auf den Vogel. Warum ausgerechnet der Vogel? Das ist so wie: warum soll ich ausgerechnet diesem Menschen ausgerechnet das vergeben? Entweder man hört auf Eingebungen, oder man tut es nicht. Ich habe mich nicht gefragt: auf wessen Seite soll ich stehen, wer ist der Gute, wer ist der Böse, nach welchen Kriterien soll ich das entscheiden? Es gab diese Frage nicht, weil es diese Entscheidung nicht gab.

Aber sehr wohl gab es dann eine Entscheidung darüber, wie ich mit dieser Eingebung umgegangen bin: ich empfand sie als unverständlich und störend und wollte sie deshalb unterdrücken. Ich habe nicht versucht, ihr nachzuspüren, und ich habe nicht gefragt: was soll ich jetzt hier tun? Ich weiß nicht, was die Antwort auf diese Frage gewesen wäre, ich habe sie ja nicht gestellt. Die Bilder von allen Tieren überall waren dann sehr unangenehm, aber auch sehr allgemein, sie hatten nichts mit mir zu tun, und ich wollte nichts mit ihnen zu tun haben.

Ja, da sind noch Schuldgedanken. Working on it.

Elisabeth

[Gregor]

Nur die Rituale und "Instinkte" sind komplexer, weil das Gesetz vom Tod und Überleben abstrahiert wird. Warum glauben manche Zeitgenossen, Vegetarier seien "besser", weil sie Pflanzen statt Tiere töten (lassen)? Töten ist Töten. Das "Authentische" (Konkrete) gerät mehr und mehr in den Hintergrund. WIRKLICHKEIT ist vollkommene Abstraktion, nichts Konkretes, also unterliegt auch der Trennungsgedanke dem Versuch, ihn durch Abstraktion wirklich zu machen. Was aber nie funktionieren kann.

Gregor

Lieber Gregor,

das verstehe ich überhaupt nicht. Kannst du das erklären?


Susanne

Das, was als "authentisch" bezeichnet wird, basiert auf Gesetzen, die der Kurs als "Gesetze des Chaos" bezeichnet. Diese Basis gerät in den Hintergrund, in Vergessenheit, und plötzlich steht "authentisch" für "wahr" oder "unverfälscht" und bekommt einen Wert - obwohl die Basis Chaos ist.

Das Spiel geht weiter, indem verallgemeinert (abstrahiert) wird und es entstehen "allgemeingültige" Vorstellungen, die die "Wahrheit" darstellen. Aber man kann verallgemeinern (abstrahieren), wie man will: man kann die Gesetze des Chaos nicht wahr machen.

Der Kurs ribbelt das Ganze rückwärts auf, bis erkannt wird, wie absurd das ist, worauf die verinnerlichten allgemeingültigen Vorstellungen basieren. Und dann ist die EINE Entscheidung folgerichtig und leicht.

Gregor