(27.04.2011, 17:00)Hannes schrieb: Hi ihr Lieben,
keine Sorge, war schon klar, dass die Antworten in diese Richtung gehen würden (daher das Einziehen der Rübe). Dass ich meinem Patienten das, was ich hier geschrieben habe, nicht 1:1 aufs Brot schmiere, könnt ihr euch sicherlich denken.
Dass ich aber sein Denken aus der Jammereierei und dem triefenden Selbstmitleid herauszuführen trachte, darauf könnt ihr Gift nehmen. Nicht mit jedem kann man das machen oder zumindest erst nach vorsichtigem Anschleichen.
Lasst euch von der Faszination der Krankheiten nicht so weit irritieren, dass ihr den ganzen Afghanistan-Gedanken in die Tonne werft. Ungeachtet aller Kursgedanken: Wer seine Zeit darauf verwenden muss, nicht zu verrecken in dieser Welt, dem fehlt sie, um depressiv zu werden. Wer nichts zu Essen hat, der sitzt nicht heulend neben dem gefüllten Kühlschrank, der verhungert oder sucht nach Nahrung. Wir verhungern nicht, wir verdursten nicht, wir erfrieren nicht. Was tun wir? Wir fallen in ein Loch aus Sinnlosigkeit.
Krankheit ist ein besserer zwischenmenschlicher Klebstoff als alles andere, Eheschließung inclusive. Wer krank ist, bekommt alles. Zuwendung, Zärtlichkeit, finanzielle Mittel, Freizeit en masse (man nennt das Krankschreibung). Einen Partner, der fremdgeht oder ewig rumschreit, den kann man locker verlassen. Aber wenn er depressiv ist? Wer tut denn schon so was?
Mitfühlen ist selbstverständlich. Wenn aber niemand in der Nähe ist, der den Moment erkennt, in welchem der "Kranke" sich hochrappeln kann und ihn an der Hand nimmt, um ihn in genau diese Richtung zu führen, dann haben wir es irgendwann mit einem der unzähligen Berufskranken zu tun (krank nicht durch den Beruf, sondern von Beruf). Gerade der Kranke muss lernen, mitzufühlen - und nicht nur Mitgefühl einzufordern.
Da ihr das mit den gebrochenen Beinen angeführt habt: Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt kann er nicht laufen, der Beinbruchpatient. Dann aber kommt ein Moment, wo man ihn - Schmerz oder nicht - dazu bringen muss, sich wieder ans Laufen zu gewöhnen. Er wird das nicht immer schön finden. Wer ihn dann in den Allerwertesten tritt, wird sich nicht als zynisch empfinden müssen. Er tut das, was getan werden muss.
So, und wieder einziehen, die Rübe.
Gruß, Hannes
Hallo!
Also Hannes das hast super geschrieben. Die Rübe musst du nicht einziehen.
Ich weis aus eigener Erfahrung, wenn man mittendrin steckt in soeiner Depression, will man solche Sachen wie Hannes schreibt einfach nicht hören. Aber es scheint tatsächlich ein Ausweg zu sein!!
Einfach mal probieren. Ich falle auch immer wieder zurück, aber es gibt keinen anderen Weg!!
Danke Hannes für deinen Text.
Lieben Gruß
Clarissa
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(27.04.2011, 17:00)Hannes schrieb: Hi ihr Lieben,
keine Sorge, war schon klar, dass die Antworten in diese Richtung gehen würden (daher das Einziehen der Rübe). Dass ich meinem Patienten das, was ich hier geschrieben habe, nicht 1:1 aufs Brot schmiere, könnt ihr euch sicherlich denken.
Dass ich aber sein Denken aus der Jammereierei und dem triefenden Selbstmitleid herauszuführen trachte, darauf könnt ihr Gift nehmen. Nicht mit jedem kann man das machen oder zumindest erst nach vorsichtigem Anschleichen.
Lasst euch von der Faszination der Krankheiten nicht so weit irritieren, dass ihr den ganzen Afghanistan-Gedanken in die Tonne werft. Ungeachtet aller Kursgedanken: Wer seine Zeit darauf verwenden muss, nicht zu verrecken in dieser Welt, dem fehlt sie, um depressiv zu werden. Wer nichts zu Essen hat, der sitzt nicht heulend neben dem gefüllten Kühlschrank, der verhungert oder sucht nach Nahrung. Wir verhungern nicht, wir verdursten nicht, wir erfrieren nicht. Was tun wir? Wir fallen in ein Loch aus Sinnlosigkeit.
Krankheit ist ein besserer zwischenmenschlicher Klebstoff als alles andere, Eheschließung inclusive. Wer krank ist, bekommt alles. Zuwendung, Zärtlichkeit, finanzielle Mittel, Freizeit en masse (man nennt das Krankschreibung). Einen Partner, der fremdgeht oder ewig rumschreit, den kann man locker verlassen. Aber wenn er depressiv ist? Wer tut denn schon so was?
Mitfühlen ist selbstverständlich. Wenn aber niemand in der Nähe ist, der den Moment erkennt, in welchem der "Kranke" sich hochrappeln kann und ihn an der Hand nimmt, um ihn in genau diese Richtung zu führen, dann haben wir es irgendwann mit einem der unzähligen Berufskranken zu tun (krank nicht durch den Beruf, sondern von Beruf). Gerade der Kranke muss lernen, mitzufühlen - und nicht nur Mitgefühl einzufordern.
Da ihr das mit den gebrochenen Beinen angeführt habt: Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt kann er nicht laufen, der Beinbruchpatient. Dann aber kommt ein Moment, wo man ihn - Schmerz oder nicht - dazu bringen muss, sich wieder ans Laufen zu gewöhnen. Er wird das nicht immer schön finden. Wer ihn dann in den Allerwertesten tritt, wird sich nicht als zynisch empfinden müssen. Er tut das, was getan werden muss.
So, und wieder einziehen, die Rübe.
Gruß, Hannes Lieber Hannes,
danke für deinen Text. Hat mich angesprochen. Ich glaube nur, daß so ein "klares" Denken jemand nachvollziehen kann der auch im Gesundheitsberuf steckt. Da haste selbst deine Ohnmachten und Depris oft genug gehabt, bis du dir abgewöhnst in Mitleid zu versinken. Bringt ja nichts. Wir haben andere Besonderheiten auf die wir projizieren...
Jedem das seine und doch wird alles gut.
Dir lieben Gruß Sissy
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Hi Sissy,
die haben wir bestimmt. Und sicher findet sich auch jemand, der in diesem Falle uns in den Hintern tritt. So bleibt alles gerecht verteilt.
Tschüß, Gruß von Hannes
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Hmmmmmmm
erst wollte ich nichts hierzu sagen und jetzt sage ich es doch: mich macht dieser Thread ganz dolle wütend.
Ich weiß, dass das aus meinem Ego kommt, soviel habe ich schon begriffen, aber die Wut ist jetzt erstmal da.
Ich kämpfe auch mit Depressionen. Ich will sie nicht und weiß nicht wie. Ich habe jetzt zwar etliches gelesen, kann aber nur fragen, wie mache ich das.
Wie kann ich sehen, dass ich an der Depression aus irgendwelchen Gründen festhalte. Wenn ich es nicht sehen kann, kann ich es nicht loslassen.
Wie kann ich mich entscheiden. Ok, ich kann vom Kopf her sagen, ich möchte glücklich sein und die richtige Sichtweise haben, aber das funzt nunmal gar nicht.
Ich weiß nicht wie. Bin ratlos und ohnmächtig, weil ich das Gefühle habe, ich kann gar nichts machen.
Das musste ich mal loswerden und wahrscheinlich unzusammenhängendes Gequatsche - sorry. Verwirrte Gefühle eines Beginners.
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(28.04.2011, 13:52)Brigitte schrieb: erst wollte ich nichts hierzu sagen und jetzt sage ich es doch: mich macht dieser Thread ganz dolle wütend. Danke -- mich auch....
Zitat:Das musste ich mal loswerden und wahrscheinlich unzusammenhängendes Gequatsche - sorry. Verwirrte Gefühle eines Beginners.
Nein, kein Gequatsche -- ich jedenfalls kann's nach-/mitempfinden.
Ich könnte einen ganzen Roman zum Thema Depression (und deren "Behandlungen") schreiben, die mich seit frühester Kindheit begleitet...aber was soll's.
Der Kurs liegt schon (wieder) seit Monaten auf Eis...kann rein nichts damit anfangen....
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"Vergiss diese Welt, vergiss diesen Kurs, und komm mit völlig leeren Händen zu deinem Gott."
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Liebe Brigitte und Inge und alle, die sich sonst noch ärgern.
Wenn man (egal ob hier oder anderswo erzählt), dass man starke Schmerzen im Brustraum hat oder ein Engegefühl in der Herzgegend (for example), dann wird man zum Arzt geschickt. Dann soll man das ernst nehmen, dann soll man nicht leiden, das nicht mit esoterischem Gedankengut angehen, sondern schulmedizinisch. Oder von mir auch aus schamanisch oder sonstwie magisch.
Sehr selten kriegt man was vom Ego erzählt und von der richtigen Entscheidung, die man zu treffen hat, hätte und - gaaaaanz sicher (und im Moment wenig tröstlich) - eines Tages auch treffen wird.
Das ist das, was Depressionen besonders macht. Und Besonderheit ist ja das große Pfui, das sehe ich - im Prinzip - auch so. Also gibt es für mich da eigentlich keine Heilung in diesem Rahmen.
Gestern hatte ich eine Zeit in der Stadt zu überbrücken und habe in der Buchhandlung etwas in einem Buch gelesen über buddhistische Übungen, das mir bei der Suche nach dieser Metta-Übung in die Hände fiel. Mehr als eine Stunde habe ich darin geschmökert und geblättert und danach ging es mir richtig gut. Der erlösende Satz war: ....
naja, das hat nichts mit dem Kurs zu tun, also bin ich auch schon wieder weg und bedanke mich bei allen, bei ALLEN.
Liebe Grüße
Petra
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Kann ich verstehen, dass ihr wütend seid. Ich bin auch manchmal wütend ... . Weil es oft unmöglich scheint, Patienten "ihre Krankheiten" wegzunehmen. Parallel dazu könnte man sich Themen wie Arbeitslosigkeit, chronischen Geldmangel, Einsamkeit anschauen. Die Liste ist ausbaufähig.
Jeder hat so sein Lieblingsspielzeug, mit dem er sich überidentifiziert. Ich nehme mich nicht aus. Es fügt Schmerz zu, aber Schmerz und Lust sind ja nicht immer zwei verschiedene Dinge. Lass einen, dessen Spielzeug Armut ist, im Lotto gewinnen ... und schließ eine Wette ab, wann er wieder vor dem Sozialamt steht.
"Lege alle Gedanken darüber, was du bist ...., weg."
Danke.
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(29.04.2011, 06:35)Hannes schrieb: Kann ich verstehen, dass ihr wütend seid. Ich bin auch manchmal wütend ... . Weil es oft unmöglich scheint, Patienten "ihre Krankheiten" wegzunehmen. Parallel dazu könnte man sich Themen wie Arbeitslosigkeit, chronischen Geldmangel, Einsamkeit anschauen. Die Liste ist ausbaufähig. Ach so, deswegen die langen Aufsätze.
Hab mich schon gewundert....
Ich lerne grad, "niemanden" was wegnehmen zu müssen, sondern Vergebung zu üben. Harter Job (manchmal), dauernd mischt sich das Egodenksystem ein. GRRRR
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