Eine Frage der Sichtweise

[Miranda]

1. Der unbewegte Beweger

Stell dir vor, du stehst an einem Bahngleis und ein Zug fährt an dir vorbei.

Die Lok und die Waggons 1-3 haben dich passiert, sie sind vorbei und liegen somit schon vor dir. Die Zu(gan)kunft ist vorbei. Weil du sie bereits wahrgenommen hast.

Waggon 4-6 werden noch kommen. Sie liegen also noch hinter dir. Weil sie noch nicht da sind. Von deinem (räumlichen) Standpunkt aus kommt die „past tense” noch. Sie wird noch passieren.

Die Zukunft ist also bereits vorbei, sobald du sie gesehen hast und somit schon wieder Vergangenheit – in der Zeit. Sie liegt hinter dir.



2. Der bewegte Unbeweger

Stell dir vor, du gehst auf einen stehenden Zug zu.

Du läufst an den letzten drei Waggons vorbei. Du hast sie passiert. Sie liegen nun hinter dir.

An den vorderen Waggons und der Zugspitze wirst du noch vorbeikommen. Die Zukunft kommt auf dich zu.

Denn die Zeit steht nicht still, sondern sie bewegt sich rückwärts. Sie „geht“ in Richtung Vergangenheit. Alles, was eben noch Zukunft war, ist nämlich schon wieder Vergangenheit, sonst hätten wir sie nicht wahrnehmen können.

Das ist die „normale“ Sichtweise: Wir können uns innerhalb der Zeit nicht bewegen. Somit können wir sie auch nicht beeinflussen.

[Gregor]

1. Der unbewegte Beweger
...
2. Der bewegte Unbeweger
...

Sorry, das habe ich nicht verstanden. Was willst du damit sagen, wo siehst du da einen signifikanten Unterschied?

Gregor

[Johannes]

Denn die Zeit steht nicht still, sondern sie bewegt sich rückwärts. Sie „geht“ in Richtung Vergangenheit. Alles, was eben noch Zukunft war, ist nämlich schon wieder Vergangenheit, sonst hätten wir sie nicht wahrnehmen können.

Das ist die „normale“ Sichtweise: Wir können uns innerhalb der Zeit nicht bewegen. Somit können wir sie auch nicht beeinflussen.

Man kann sich fast ewig mit solchen Betrachtungen beschäftigen und Theorien aufstellen und wieder verwerfen. So gesehen spart der Kurs Zeit.
Denn im Kurs geht es nicht um verschiedene Sichtweisen, sondern um einen Wechsel der Sichtweise insgesamt, der z.B. auch das Thema Zeit miteinschließt:
Zeit wird vom HEILIGEN GEIST nur dazu verwendet, um uns über die Zeit hinauszuführen.
Sie dient nur der Vergebung - und dient ihr gut.

[Miranda]

Nichts bewegt sich...


„Wenn alle aber nur denken, alles sei gar nicht existent,
bliebe alles stehen, nichts bewegte sich mehr,
weder im Guten, noch im Schlechten...“

Originalzitat einer Freundin aus tierrechtsbewegten Zeiten während eines Diskurses über die Realitäten dieser Welt und den Sinn von Tun und Lassen...
- „Genauso ist es. Dann bist du der unbewegte Beweger. Dann gibt es keine Zeit mehr. Und wie wir inzwischen wissen, ist die Zeit nichts anderes als eine Illusion!“ war meine Reaktion auf ihre geniale Formulierung, die sie allerdings wohl aus ganz anderen „Beweggründen“ hervorbrachte:
Sie möchte – aus guten Gründen - etwas in der Welt bewegen, eine Geisteshaltung, die ich respektiere, aber inzwischen mit Skepsis betrachte. Meine Erfahrung diesbezüglich ist, dass noch so gut gemeinter Aktionismus letztendlich immer das Gegenteil des Erwünschten hervorruft, zumindest aber auch „negative“ Begleiterscheinungen mit sich bringt, sozusagen als Kehrseite der dualistischen Medaille. Sämtliche vermeintlichen Fortschritte führen nur zu einem re-aktionistischen Nachrüsten der „Gegenpartei“ und somit in eine Art Patt-Situation, welche als unbefriedigend erlebt wird.

Eine andere „Erfahrung“ (und diesmal auch im wörtlichen Sinne, da ich sie tatsächlich schon beim Autofahren erlebt habe, ähnlich dem neulich von Golda geschilderten inneren Autopiloten) ist, dass wenn man sich dem Fluss der scheinbar aneinander gereihten Ereignisse von Moment zu Moment überlässt, eine ganz andere Sichtweise entsteht. Die Landschaften, Menschen und Tiere ziehen an einem vorbei wie ein Film und man selbst hat dabei das Gefühl, der ruhende Pol zu sein. Es ist eine innere Ruhe und ein Frieden in jedem Augenblick enthalten, indem man sich kampflos und einverstanden den Dingen überlässt. Man bekommt eine Ahnung von der schöpferischen Kraft des „Jetzt“. Irgendwie lösen sich alle Probleme auf, und das Leiden verschwindet in diesem eigenartig zeitlosen Zustand:

Nichts und niemand ist wirklich schlecht; schlecht wird es erst durch die eigenen Gedanken.
Nichts und niemand muss wirklich verändert werden; verändert werden muss nur die eigene Einstellung. - Aber selbst die Gedanken existieren in Wirklichkeit genausowenig wie die Zeit, denn beide sind eine Illusion des Bewusstseins, welches selbst eine Illusion darstellt...

Kostbar ist also ist nicht die Zeit, sondern kostbar ist der einzige Punkt, der außerhalb der Zeit liegt: das Jetzt.
Es gibt sonst - nichts! (frei nach „Meister Eckhart Tolle“)
Das ewige Gegenwärtigsein ist der „Raum“, in dem sich mein ganzes Da-sein scheinbar abspielt bzw. abspult, wie von einer Stroboskoplampe von Augenblick zu Augenblick beleuchtet.

Diese Präsenz, dieses Da-Sein ist der heilige und heilende Moment, welcher uns über die Grenzen unseres Denkens und Fühlens tragen kann. Es ist, als hätte sich ein Schalter umgelegt: Jegliches Urteilen wird in diesem zeitlosen Zustand des Dahinfließens als „überflüssig“ erkannt. Lässt man diese innere und äußere Haltung zu, beginnt sie kreativ zu werden und das ganze Leben kann sich verändern... Etwas platter formuliert, erinnert sie mich an einen Leitsatz der Transaktionsanalyse: „Ich bin okay, du bist okay“.

Die Welt ist ein neutraler Ort, dem ich die Bedeutung gebe, die er für mich hat.
Wenn ich sie mit den leiblichen Augen betrachte, scheint sie mir oft böse und deshalb veränderungsbedürftig zu sein, und ich fürchte mich vor den Folgen, die meine Taten nach sich ziehen können. Gleichzeitig fürchte ich mich vor dem, was andere mir antun werden, und ich bin traurig oder wütend über das, was sie mir angetan haben.
Wenn ich sie mit den geistigen Augen der Versöhnung anschaue, lösen sich alle Hindernisse vor der LIEBE auf, und ich verliere meine Abhängigkeit von besonderen Personen und Situationen. Ich bin frei – wie GOTT mich schuf.


Miranda



Diesen heiligen Augenblick
möchte ich DIR geben.

Hab Du die Führung.
Denn DIR möchte ich folgen,
gewiss, dass DEINE Anleitung mir Frieden bringt.

(Lektion 361-365)

[Hippias minor]

Die Zeit ist das Ego.

[Johannes]

Die Zeit ist das Ego.

Der Kurs lehrt uns, dass nichts für sich etwas bedeutet. Es kommt immer darauf an, wofür du es verwendest.
In diesem Sinne kann man sagen, dass das Ego die Zeit für seine Zwecke verwendet - nämlich um den GOTTESSOHN zu beweisen, dass er sterblich ist.
Der HEILIGE GEIST allerdings nützt die Zeit nur für SEINE Zwecke - nämlich um die Vergebung des GOTTESSOHNES vollkommen zu machen.

Für dich stellt sich nur die Frage, wem du dich anschließen möchtest...

Johannes

[Hippias minor]

Das Ego meint, daß etwas in Raum und Zeit "ist". Die Zeit vergeht nicht, sie ist jenseits von Bewegung und Ruhe, sie hat keine verschiedenen "Zustände", sie ist nicht schnell oder langsam, sie ist weder zu einem "Stillstand" noch in "Bewegung" zu bringen. Die Dinge vergehen in der Zeit. Daß die Zeit zur Wirklichkeit des Ego gehört, das Ego die vermeintlichen Dinge, seinen Traum in Zeitlichkeit hineinsieht, läßt sich so zuspitzen, daß das Ego die Zeit ist.

Kann, was nicht wirklich ist, für einen wirklichen Zweck verwendbar sein?

[Miranda]

Wem Zeit ist wie die Ewigkeit und Ewigkeit ist wie die Zeit.
Der ist befreit von allem Streit.

Jakob Böhme (1575–1624)

Ein Traum, ein Traum ist unser Leben
Auf Erden hier.
Wie Schatten auf den Wolken schweben
Und schwinden wir.
Und messen unsre trägen Tritte
Nach Raum und Zeit;
Und sind (und wissen´s nicht) in Mitte
Der Ewigkeit…

Johann Gottfried Herder

[Johannes]

Kann, was nicht wirklich ist, für einen wirklichen Zweck verwendbar sein?

Erst der Zweck, wofür etwas verwendet wird, kann dem Bedeutungslosen eine Bedeutung geben.

Und so verwendet der HEILIGE GEIST Illusionen, solange der GOTTESSOHN nur Illusionen wahrnimmt:
ER verwendet den Körper, die Welt, die Zeit, um den Geist an sein SELBST, den HIMMEL und die Ewigkeit zu erinnern.


Johannes

[Miranda]

GOTT hat SEINEN LEHRER gegeben, um den, den du gemacht hast, zu ersetzen,
nicht um mit ihm in Konflikt zu sein.
Und das, was ER ersetzen wollte, wurde ersetzt.
Die Zeit hat in deinem Geiste nur einen Augenblick gedauert,
ohne jedwede Wirkung auf die Ewigkeit.
So ist die ganze Zeit vorbei,
und alles ist genauso, wie es war, bevor der Weg ins Nichts gegangen wurde.
Das winzige Sekündchen Zeit, in dem der erste Fehler gemacht wurde
- und alle anderen in diesem einen Fehler -,
enthielt auch die BERICHTIGUNG für diesen einen
und für alle, die innerhalb des ersten kamen.
Und in diesem winzig kleinen Augenblick war die Zeit vergangen,
denn das war alles, was sie jemals war.
Das, worauf GOTT Antwort gab, ist beantwortet und ist vergangen.

(Kapitel 26.V.3)