06.09.2013, 08:04
(06.09.2013, 00:26)Elisabeth schrieb: Sorry wenn ich jetzt mal der Spielverderber bin und wieder ernst werde, aber mir ist ein bisschen unbehaglich bei dem Erleuchtungsklamauk.
Ich bin nach den üblichen Kriterien nicht erleuchtet (und auch nicht nach 667’s Kriterien). Aber ich habe Respekt vor einer anerkannten Erleuchtung. So etwas fällt einem nicht in den Schoß, und ich glaube auch nicht, dass das eine Erfahrung des kleinen Ichs ist. Selbst wenn eine Erleuchtung oder Einheitserfahrung oder eine mystische Gotteserfahrung als etwas sehr Persönliches und Individuelles erlebt wird, heißt das noch nicht, dass es wirklich nur das ist. Laut Kurs dehnt sich jede Vergebung, jedes Wunder und jeder heilige Augenblick weit über den persönlichen Erlebnishorizont hinaus aus, aber diese Ausdehnung kann man nicht sehen, und man kann keinen Einfluss darauf nehmen.
Auch im Kurs ist von Erleuchtung die Rede, und nicht nur in dem Sinn, dass alle immer schon erleuchtet sind. Bei aller gebotenen Vorsicht vor den Egofallen der spirituellen Besonderheit behauptet der Kurs doch nicht, dass alle individuellen Lernprozesse im Gleichschritt verlaufen. Es gibt sehr wohl Unterschiede zwischen fortgeschritteneren und weniger fortgeschrittenen Kursschülern, aber das sind nur Unterschiede in der Zeit und nicht im Wesen, wie es im Handbuch für Lehrer heißt. Und auch das Kleinreden und Herabsetzen von spirituellen Durchbrüchen kann zu einer Egofalle werden, zu einer Art negativem Besonderheitskult.
Es ist irgendwie eine Ironie, dass ausgerechnet ich der Erleuchtung das Wort rede, wo ich doch sonst immer auf der Rolle des Bruders herumreite. Das ist eben alles relativ. Viele Kursschüler haben eine Vorgeschichte mit anderen spirituellen Traditionen oder stehen im Austausch mit ihnen, und dann rutscht das sehr kursspezifische Thema Bruder leicht an den Rand, aber es ist im Kurs kein Randthema. Dann habe ich manchmal das Gefühl, dass man es kräftig ins Zentrum rücken muss. Aber ein Erleuchteten-bashing entspricht auch nicht dem Kurs, wie ich ihn verstehe.
Elisabeth
PS.: Was Renard über die Schmerzfreiheit am Kreuz schreibt, halte ich allerdings für blanken Unsinn. Aber meine Meinung über Renard ist ja hier nichts Neues...
Hi Elisabeth,
du sprichst auch mir ganz aus dem Herzen! Sich die Erleuchtung ans Rever zu heften und zu behaupten, man sei erleuchtet, ist mit ziemlicher Sicherheit Ego-Kiste, aber die Erleuchtung immer nur weit von sich zu weisen, kann auch eine Ego-Falle sein. Denn auch wenn das Ego die Erleuchtung als Verlockung sieht, so hat es doch auf einer tieferen Ebene schreckliche Angst davor, denn es ahnt, dass dies sein Ende sein könnte. Und so behauptet es (also man selbst), dass es gar nicht nach Erleuchtung strebe, oder dass diese nur durch jahrelanges Meditieren in tibetischen Klöstern möglich sei, oder für Mitteleuropäer gar nicht, sondern nur für Asiaten, oder dass sie nicht in diesem Leben möglich sei usw. Auch Zynismus dient dem Ego als Vermeidungstaktik.
Und natürlich ist das mit der Erleuchtung etwas überaus Paradoxes (was auch im Kurs immer wieder anklingt). Für den Erleuchteten gibt es keine Unterscheidung zwischen Erleuchteten und Unerleuchteten, also würde er nie auf die Idee kommen, sich als erleuchtet zu bezeichnen. Aber paradox ist es im Grunde nur, wenn man versucht, es aus persönlicher Ich-Perspektive zu verstehen, das kann nicht hinhauen
So verstehe ich es jedenfalls.....