25.10.2007, 09:40
Laila schrieb:Gott erfährt durch UNS was LIEBE ist.
Das ist der SINN unseres Lebens im Körper...
Dazu kann ich nur Bataille statt Kurs in Wundern empfehlen! Ist mir jedenfalls gleich zu diesem schrägen Gedanken eingefallen.
Die Tötung Jesu Christi wird von der gesamten Christenheit für etwas Böses gehalten.
Es ist die größte Sünde, die man je begangen hat.
Diese Sünde besitzt sogar einen grenzenlosen Charakter. Die Verbrecher sind nicht nur die Akteure des Dramas: die Schuld fällt auf alle Menschen zurück. Insoweit ein Mensch Böses tut (wozu ein jeder zu seinem Teil genötigt ist), schlägt er Christus ans Kreuz.
Die Henker des Pilatus haben Christus gekreuzigt, aber der Gott, den sie ans Kreuz nagelten, wurde in einem Opfer zu Tode gebracht: das Instrument des Opfers ist das Verbrechen, das die Sünder von Adam an unzählige Male begangen haben. Was das menschliche Leben an Abscheulichem birgt (alles Schmutzige und Unmögliche, was es in seinen geheimsten Falten enthält, das gesammelte Böse mit seinem Gestank), das hat so vollkommen das Gute geschändet, daß man nichts erdenken kann, was dem gleichkommt.
Die Tötung Christi tastet das Sein Gottes an.
Die Dinge vollzogen sich, wie wenn die Geschöpfe nur durch eine Wunde mit ihrem Schöpfer kommunizieren könnten, indem sie seine Integrität zerrissen.
Die Wunde wird von Gott gewollt, begehrt.
Die Menschen, die sie ihm zufügen, sind deshalb nicht weniger schuldig.
Auf der anderen Seite – das ist nicht das am wenigsten Seltsame – ist diese Schuld die Wunde, die die Integrität eines jeden schuldigen Wesens zerreißt.
Auf diese Weise finden Gott, der durch die Schuld der Menschen verwundet ist, und die Menschen, die ihre Schuld gegenüber Gott verwundet, mühselig die Einheit, die ihr Ziel zu sein scheint.
Wenn sie ihre jeweilige Integrität bewahrt, wenn die Menschen nicht gesündigt hätten, hätten beide, Gott wie die Menschen, in ihrer Isolierung verharrt. Eine Todesnacht, in der der Schöpfer und die Geschöpfe gemeinsam bluteten, sich gegenseitig in Frage stellten – in der äußersten Schmach –, ist notwendig für ihre Kommunion gewesen.
So wird die „Kommunikation“, ohne die nichts für uns wäre, sichergestellt durch das Verbrechen. Die „Kommunikation“ ist die Liebe, und die Liebe besudelt die, die sie vereint.
Der Mensch erreicht in der Kreuzigung den Gipfel des Bösen. Aber gerade weil er ihn erreicht hat, hat er aufgehört, von Gott getrennt zu sein. Woraus man sieht, daß die „Kommunikation“ der Wesen durch das Böse herbeigeführt wird. Ohne das Böse bliebe das Menschenwesen in sich selbst befangen, eingeschlossen in seine unabhängige Sphäre. Doch das Ausbleiben der „Kommunikation“ - die leere Einsamkeit – wäre ohne jeden Zweifel ein größeres Übel.
Die Situation der Menschen ist entwaffnend.
Sie müssen „kommunizieren“ (ebensosehr mit der unbestimmten Existenz wie untereinander): das Ausbleiben der „Kommunikation“ (die egoistische Selbstbefangenheit) ist offensichtlich das Verwerflichste. Doch die „Kommunikation“, die sich nicht einstellen kann, ohne die Wesen zu verwunden oder zu besudeln, ist selber schuldbeladen. Das Gute, wie man es auch ansehen mag, ist das Gute der Wesen, aber wenn wir es erreichen wollen, müssen wir – in der Nacht, durch das Böse – eben die Wesen in Frage stellen, um derentwillen wir es wollen.
Ein Grundprinzip ist das folgende:
Die „Kommunikation“ kann nicht stattfinden zwischen zwei erfüllten und intakten Wesen: sie will Wesen, die ihr eigenes Sein aufs Spiel gesetzt, an den Rand des Todes, des Nichts versetzt haben; der moralische Gipfel ist ein Augenblick des Aufsspielsetzens, des Schwebens des Wesens jenseits seiner selbst, am Rande des Nichts.
Georges Bataille, Nietzsche und der Wille zur Chance (Atheologische Summe III), S. 50ff.
Gruß vom Hippias