Angelika schrieb:Hatte mir sogar überlegt im Forum sang und klanglos zu verschwinden
oder mir zumindest einen neuen Namen zu geben..Kursvollanfänger vielleicht
Es gibt ein weit verbreitetes Missverständnis: irgendwann macht es durch ein spirituelles Erlebnis "Peng", man ist aufgewacht und alles ist nur noch Friede, Freude, Eierkuchen. Sicher, das mag dem einen oder anderen so ergehen, aber in der Regel läuft da ein Prozess ab. Und der beginnt insbesondere und in einem noch stärkeren Maße nach dem einen oder anderen Moment der Klarheit.
Diese Vorstellung hat etwas perfides an sich. Sie führt oft dazu, sich vom Leben abzuwenden, die unangenehmen Dinge zu verleugnen, das vermeintlich Negative zu ignorieren, weil "ja alles Illusion ist" und "weil wir alle schon erlöst sind". Und schon gibt es eine Diskrepanz zwischen dem, was sein sollte und dem, wie es ist. Das kann zu Verstimmungen bis hin zu Depressionen führen.
Der Kurs ist keine Weltflucht. Er bietet an, die Welt anders zu betrachten, nichts weiter. Mehr ist nicht erforderlich. Diese andere Sichtweise wird dann gerne vom Ego-Denksystem aufgesogen, integriert und in ihr Gegenteil verwandelt. Der Kurs findet aber hier statt, mitten im Leben, dort, wo er anzuwenden ist. Das ist das Übungsfeld, jegliche Verleugnung und Flucht verkehrt das Kursziel in sein Gegenteil. Die eigenen Beurteilungsmaßstäbe, die "Kursmeßlatte" wird zum Gefängnis.
Und gab es diese Momente der Klarheit, wo ohne jeden Zweifel erkannt wird, dass Welt und Selbstgefühl, genannt Ego, nur eine Illusion ist, kann der Widerspruch enorm werden. Denn die mühsam aufgebauten Egostrukturen sind nicht plötzlich spurlos verschwunden. Die offensichtliche Identifikation mag verschwunden sein, das Ernstnehmen der weltlichen Ereignisse hat sich gelockert, aber erst mal bleibt etwas: die verborgenen Strukturen jahrelanger und nicht bewusster Egokonditionierungen. Diese treten nun in dem Licht der kurz (oder lang) erkannten Klarheit mehr als deutlich hervor und zeigen unübersehbar einen Widerspruch auf: hier die klare Erkenntnis des Offensichtlichen, dort die als real empfundenen "Missstände".
Das ist dann der Punkt, wo die erleuchteten Egos entstehen. Das Klammern an die klaren Momente, das Bemühen um das nochmalige Erleben und Festhalten des als wunderbar empfundenen Geisteszustandes führt zur Verleugnung dessen, was immer noch als Leben und höchst real empfunden wird. Diese Klarheit hat etwas verändert, das ist ihr Wert. Aber sie war gestern, nicht jetzt. Und wird zu einem Götzen der Erinnerung gemacht.
Der Kurs findet jetzt statt, genau in der Scheiße, in der ich glaube zu sein. Der Prozess geht weiter, bis die Ego-Strukturen nach und nach verschwinden, mal in großen Brocken, mal in kleinen Stückchen. Der Kurs ist noch nicht zu Ende, sondern beginnt immer wieder neu, leicht verändert, der Situation angepasst, bis der letzte Schritt erreicht ist. Bei dem einen ist es eine Sache von Tagen, bei dem anderen von Jahren, bei dem dritten von Jahrzehnten. Aber Zeit ist in dem Zusammenhang völlig unerheblich.
Das war die etwas anders erzählte Fassung des Kapitels 4, I.A aus dem Handbuch für Lehrer.
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