25.05.2008, 20:25
vittella schrieb:Hallo Geierwally,
hast Du eine kurze Beschreibung der Eckpfeiler, oder muss man das Buch lesen um zu verstehen was Du mitteilen möchtest?
lg....vittella
Hi,
mich hat das Tagebuch tief beeindruckt. Etty Hillesum war eine junge Jüdin aus Amsterdam, die ihr Tagebuch 1941 begann, als die Nazis Holland besetzt hatten. In dieser unmenschlichen Zeit und mit wachsender Not, Entbehrungen und Verfolgung konfrontiert, hält sie ihre Gedanken fest, frei von Hass, Schuldzuweisung, frei von Wertung. Sie arbeitet unbeeindruckt an sich selbst und will keine "Sonderstellung" (Freunde wollen sie verstecken, sie lehnt ab). In einer Phase ihres Lebens, in der die meisten Menschen wohl verzweifeln würden, nimmt sie ihr Leid und ihre Angst bewusst an und entfaltet immer mehr ihren Glauben an Gott und das Gute im Menschen. Selbst aus dem Lager Westerbork, in das sie schließlich deportiert wird, schreibt sie lebensbejahende Briefe, obwohl sie genau weiß, was sie erwartet. Sie denkt zuerst an andere, als an sich selbst, möchte "ein Pflaster auf vielen Wunden" sein. 1943 wird sie in Ausschwitz ermordet.
Ich finde, es ist leicht, einen "spirituellen" Weg zu gehen und sich mit Dingen wie dem Kurs zu beschäftigen, wenn es einem im Grunde gut geht, wenn man in einem freien, wohlhabenden Land lebt usw. Aber angesichts einer aussichtslosen Lage sich dieser ohne Wenn und Aber zu stellen - das ist die eigentliche Bewährungsprobe.
Die Tiefe von Ettys Gedanken und die Unerschrockenheit, mit der sie dem Leid und den alltäglichen Bedrohungen ins Auge blickt, hat mich tief bewegt!
Ein empfehlenswertes Buch!