Die Angst vor GOTT und der Heilige Augenblick

[Michael*]

Totschweigen ist sicherlich eine der grausamsten Psychowaffen, die wir gegeneinander in der Hand haben. Es ist die maximale Form der Ignoranz, das regungslose Übersehen des Anderen, die totale Verweigerung einer Antwort: es gibt dich nicht.
Je nachdem, wie abhängig der Einzelne in einer Situation von der Bestätigung durch den Anderen ist, kann das tatsächlich eine „Todeserfahrung“ sein: ausgelöscht zu sein, ohne jede Wirkung, unbeantwortet.

Es wird im Kurs viel gesagt über die Widerstände, den Heiligen Augenblick als Erfahrung zuzulassen und als Zentrum aller Angst wird die „Angst vor GOTT“ genannt.
War es nicht eben in diesen Augenblicken, da wir uns für einen Anderen völlig geöffnet haben, ganz aufgemacht, rückhaltlos, als wir am verletzlichsten waren? Z.B. als Kinder den Eltern gegenüber oder wenn wir sonst mit einem empfindsamen Thema zu einem Menschen unseres Vertrauens gingen, von dem wir vielleicht gesagt haben, dass wir ihn liebten? Da waren wir erwischbar. Und haben uns geschworen: nie wieder. Gibt es jemanden, der das nicht kennt?

Und jetzt sollen wir zu GOTT, mit leeren Händen.
Ich glaube, dass es dieser Schwur ist, den wir getan haben: „Nie wieder!“, der so schwer überwindbar ist. Er schien vernünftig, als wir ins offene Messer rannten. Wer sagt uns, dass GOTT besser ist? Und da ist ja auch noch der Zweifel, ob wir es überhaupt verdienen ...
Ich habe gerade in Gregors erstaunlicher Textesammlung gelesen, Allen Watson sagt da viel über die Widerstände dem Heiligen Augenblick gegenüber. Einer sei: wir glauben, viel dafür tun zu müssen. Da ist das Tun schon die Flucht vor den „leeren Händen“.

Warum aber fliehen? Ich glaube, dass das „Nichtstun“, eine ja sehr beliebte Vokabel der Spiritualität, uns eben auch mit diesen Ängsten in Berührung bringt, die wir zwar in einem gewissen Rahmen die Macht haben, zu umgehen, die wir aber freiwillig wieder an uns heranlassen müssen, wenn wir den Heiligen Augenblick nicht nur als gelegentliches Sternstundenereignis erleben, sondern ihn bewusst ansteuern lernen wollen. Nicht, um wieder in der Angst zu versinken, sondern nur, um sie uns anzuschauen, als selbsterträumt, erlebt also nur in der Illussionswelt, und um sie dann weggeben, vergeben zu können an die WAHRHEIT.
Vielleicht kann man den Schritt in den Heiligen Augenblick so als Frage formulieren:

„Wenn ich mit leeren Händen zu DIR komme, DEN ich nicht kenne, wenn ich alle meine Abwehrinstrumente weglege dafür und meinen Schwur vergesse, mich nie mehr ganz zu öffnen, und wenn ich DIR dann die Frage stelle: siehst DU mich noch in LIEBE an?, was antwortest DU?“ Die Frage noch zu stellen, still zu werden und die ANTWORT zu riskieren.


P.S.: Ich bin gerade „krankgeschrieben“ und habe unmäßig viel Zeit, lange Texte zu schreiben. Falls solche Texte wegen ihrer Länge oder wegen sonstwas euch nerven, bitte Bescheid sagen, ich bin in dieser Hinsicht schmerzbefreit!

:-) Michael

[Inge]

Danke dir für diesen schönen Beitrag, Michael.
(...und recht gute Besserung!)

Und jetzt sollen wir zu GOTT, mit leeren Händen.
Ich glaube, dass es dieser Schwur ist, den wir getan haben: „Nie wieder!“, der so schwer überwindbar ist. Er schien vernünftig, als wir ins offene Messer rannten. Wer sagt uns, dass GOTT besser ist?
Ich habe gerade in Gregors erstaunlicher Textesammlung gelesen, Allan Watts sagt da viel über die Widerstände dem Heiligen Augenblick gegenüber. Einer sei: wir glauben, viel dafür tun zu müssen. Da ist das Tun schon die Flucht vor den „leeren Händen“.

Well put!

Nicht, um wieder in der Angst zu versinken, sondern nur, um sie uns anzuschauen, als selbsterträumt, erlebt also nur in der Illussionswelt, und um sie dann weggeben, vergeben zu können an die WAHRHEIT.

Als altgewohnter Angsthase ist dies mal wieder gut, zu hören!

„Wenn ich mit leeren Händen zu DIR komme, DEN ich nicht kenne, wenn ich alle meine Abwehrinstrumente weglege dafür und meinen Schwur vergesse, mich nie mehr ganz zu öffnen, und wenn ich DIR dann die Frage stelle: siehst DU mich noch in LIEBE an?, was antwortest DU?“ Die Frage noch zu stellen, still zu werden und die ANTWORT zu riskieren.

Oh, wie schön!
Danke dir, Michael.

[Gast MM]

Herzlichen Dank für deine Worte.
Ich möchte gern dazu einen Aspekt, der mir wichtig erscheint, erwähnen. Gerade weil ich das, was du so eindringlich beschreibst, als „weg gegebenes Kind“, im Kinderheim aufgewachsen …. usw. usf...so ähnlich erfahren habe. Egal, welches individuelle Szenario: genau dafür ist die Welt „geMACHT“, ich soll diese Version der Geschichte ja auch genau so glauben; und sehe ich nicht täglich, stündlich, minütlich die Symbole dafür? Unermüdlich wiederholt sich in milliardenfachen grausamen Beweisen, dass ich, dass wir alle getrennt sind.
Irgendwann einmal in meinem Leben ist mir aufgefallen, dass mir aber genau dieser Glaube an diese „Beweise“ nicht nur das Leid und den Kummer gebracht haben, sondern dass ich daraus eine Riesen-Sicherheit sowie auch ein gewisses „Vergnügen“, eine Lust beziehe. Auch: wenn meine Wut, Groll, Zorn ungehört verpuffen und keiner mehr, (noch nicht mal ich selber ;-) ) drauf aufmerksam wird, weil gäääähhhn, einfach langweilig, dann umfasst mich plötzlich eine tiefes Verlassenheitsgefühl, eine Heimatlosigkeit, ein Verlorenheitsgefühl, ein Sinnlosigkeits- und Wertlosigkeitsgefühls: da möchte ich nicht mehr leben!
Und schon vor dem Kurs kamen Zweifel auf, obwohl ich dieses Leiden zuweilen (immer noch) sehr genieße und mich unglaublich „lebendig“ fühle dadurch.
Ich will damit jetzt nicht sagen, dass man nun Menschen und Tiere quälen soll oder sich nicht sozial engagieren oder den Hungernden nicht Nahrung und Obdach geben usw.
Neulich war ich mit einer neuen Bekannten im Garten. (Die heißt auch noch genauso wie ich. ;-). )
Ich strickte, sie rupfte Unkraut raus. Sie fragte: interessierst du dich nicht für Pflanzen? Ich sagte, schon, aber ich präge mir die Namen nicht ein. Sie sagte: doch, ich möchte die Pflanze benennen, ja ansprechen können. Und da benannte sie jede Pflanze, die sie rausropfte ;-). Zum Beispiel sagte sie: du, Winde, dich pflanze ich wieder ein, du solltest hier nicht rauskommen, aber du Kapuzinerkraut (oder so ähnlich, ich habs mir nicht gemerkt, vielleicht wars auch umgekehrt) du fliegst raus, du hast hier nix zu suchen. Das Kapuzinerkraut hat mir schon richtig leid getan und früher wäre ich wie gestochen auf sie los und hätte gesagt: wie kommst du eigentlich dazu! Grab die sofort wieder!
LOL
Das ist doch typisch für diese „Welt“. Ohne das geringste bisschen Mitleid ropfen wir den einen Bruder raus und den anderen heben wir hoch. Es ist ja schon eine gewisse Art von Wertschätzung, wenn wir denjenigen, den wir rausropfen, benennen.
Grins.
Und wehe, uns ropft einer raus! Zum Beispiel indem er uns nicht beachtet.
Man hat Versuche gemacht. Babys, die nicht beachtet werden und lediglich grundbedürftig versorgt, sterben. Das war einer der ersten Beispiele, die ich hier im Forum vor paar Jahren gebracht habe, um die Grausamkeit Gottes und der "Krone" seiner Schöpfung zu beweisen.
Das heißt NICHT, dass ich nun Babies in den Kessel schmeisse.
Aber ich denke mal, ich schmeisse unbewusst und in völliger Überzeugung, dass ich ja nur Gutes tue, jeden Tag Babies in den Kessel.
Für mich ist der Kurs DER Wegweiser zur WAHRHEIT.
Das passt mir (fast) nie.

[Michael*]

Danke dir für diesen schönen Beitrag, Michael.
(...und recht gute Besserung!)

Ich danke dir, ich bin bei Tag 8! ( drei Tage kommt es, drei bleibt es und drei geht es ). Ist also schon in der Verabschiedungsphase! Mit Vergebungsfaktor: eigentlich alles schon wieder weg! hhhh .... tschiiiii ...

[Michael*]

Aber ich denke mal, ich schmeisse unbewusst und in völliger Überzeugung, dass ich ja nur Gutes tue, jeden Tag Babies in den Kessel.
Für mich ist der Kurs DER Wegweiser zur WAHRHEIT.
Das passt mir (fast) nie.

Das ist auch ein wichtiger Aspekt! Nämlich unser eigenes den Anderen Totschweigen oder In-den Kessel-Werfen. Also unser Glaube, dass wir letzten Endes, wenn die Rechnung aufgemacht wird, ganz zu Recht in den Kessel geschmissen werden: wir glauben an den Tod, das heißt, dass wir des Lebens beraubt werden.
Dass diese Rechnung gar nicht aufgemacht wird, das eben erfahre ich nur mit "leeren Händen", wenn ich den Schuldgedanken als Brille, durch die ich schaue, ablegen kann.

[Siboa]

Aber ich denke mal, ich schmeisse unbewusst und in völliger Überzeugung, dass ich ja nur Gutes tue, jeden Tag Babies in den Kessel.
Für mich ist der Kurs DER Wegweiser zur WAHRHEIT.
Das passt mir (fast) nie.

Das ist auch ein wichtiger Aspekt! Nämlich unser eigenes den Anderen Totschweigen oder In-den Kessel-Werfen. Also unser Glaube, dass wir letzten Endes, wenn die Rechnung aufgemacht wird, ganz zu Recht in den Kessel geschmissen werden: wir glauben an den Tod, das heißt, dass wir des Lebens beraubt werden.
Dass diese Rechnung gar nicht aufgemacht wird, das eben erfahre ich nur mit "leeren Händen", wenn ich den Schuldgedanken als Brille, durch die ich schaue, ablegen kann.

Ich erinnere mich, sehr früh diese Angst vor Gott gespürt zu haben. Ich liebe das Vater unser, habe es immer sehr gern allein und auch in der Kirche gebetet. Und DEIN WILLE geschehe hat schon ein Geschmäckle. Aber diese Erkenntnis, dass ich Angst vor Gott habe, ist mir erst gekommen nachdem ich Erfahrungen der Einheit machen durfte.
Also werde ich mich weiter DEM öffnen, den ich vergessen zu haben glaube. Mit wachsendem Vertrauen.


Susanne

[Gregor]

Und DEIN WILLE geschehe hat schon ein Geschmäckle.

Nicht im Kurs. Denn "DEIN Wille geschehe" heißt nichts anderes als "MEIN Wille geschehe", denn es gibt keinen Unterschied zwischen MEINEM und SEINEM Willen.

Daher ist "DEIN Wille geschehe" eine wunderbare Reaktion, wenn du aus dem Tritt gerätst. Und das merkst du ja sofort daran, wenn eine Situation keinen Frieden bringt.

Gregor

[Michael*]

Und DEIN WILLE geschehe hat schon ein Geschmäckle.

Nicht im Kurs. Denn "DEIN Wille geschehe" heißt nichts anderes als "MEIN Wille geschehe", denn es gibt keinen Unterschied zwischen MEINEM und SEINEM Willen.

Daher ist "DEIN Wille geschehe" eine wunderbare Reaktion, wenn du aus dem Tritt gerätst. Und das merkst du ja sofort daran, wenn eine Situation keinen Frieden bringt.

Gregor

So kommt „GOTT“ definitiv aus der Bedrohlichkeit heraus: SEIN Wille ist ja der einzige, also auch meiner.
Dass ein „anderer Wille“ mich strafen, besiegen, auslöschen kann, das ist in diesem Gedanken geheilt. Auch den „anderen Willen“ habe ich ja nur erträumt, „gemacht“.

Da wird für mich noch ein anderer Aspekt sehr deutlich: Auch wenn ich das „weiß“ - der KURS hat's mir gesagt, dass es so ist - muss ich den Weg gehen. Ich habe die „Erkenntnis“ verloren und mich in der Illusionswelt verstrickt. Auch das sagt mir der KURS und ich weiß es jetzt. Das ist auch von Anfang an ein wenig mehr als nur ein blindes Übernehmen von vordiktierten Wahrheiten, ich spüre einen Widerhall in mir, auch ganz am Anfang des KURSweges war das schon so, sonst hätte ich ihn gleich weggelegt. Aber mehr nicht. Ich kann nicht sagen, dass ich z.B. die „Einheit des Willens“ schon in mir als unzweifelhafte Wahrheit gefunden habe.
Deshalb überhaupt brauche ich GOTT und den HG, als Stellvertreter sozusagen meiner verlorenen Erkenntnis und muss aufrichtig aus meinem derzeitigen Erleben sagen: ich bin hier „unten“, und ihr da „oben“, nämlich schon im „Himmel“ der WAHRHEIT.
Aus meiner Sicht also gibt es einen Graben. Ohne spirituelle Perspektive ist da der Tod. Aber jetzt ist genau da der Weg: mein Vergeben öffnet mich für den Brückenschlag, der von IHM kommt: und deshalb ist jede der Erfahrungen, die man mit der Vergebung macht, ein Wunder: es kommt nicht von mir, so, wie ich mich erlebe, sondern von IHM.

Den Unterschied, ob etwas von mir oder von IHM kommt, spürt man vollkommen eindeutig. Man kann ihn anderen kaum jemals zeigen oder gar beweisen, manchmal kann man ihn plausibel machen. Aber das ist ein wichtiger Teil der Übung: damit selbst sicher zu werden und unabhängig von der gewohnten Bestätigung in unserer Welt.
Und das heißt für mich auch: die Stimme für GOTT zu „hören“: ich merke, wenn durch einen Gedanken, einen Einfall, einen Anblick, ein Ereignis um mich herum ein Licht fällt, das nicht von mir ist. Dann habe ich ANTWORT von DEM, DEN ich eingeladen habe.
Und es hat immer irgend etwas mit Heilung und Ganzheit zu tun.

Manchmal z.B. habe ich auch hier in diesem Forum das Gefühl, dass aus dem Hin- und Herdiskutieren, das natürlich erstmal der „Normalmodus“ ist für so einen virtuellen Austausch, eine Begegnung unter Brüdern wird, dass das Gespräch, wie du sagst, Gregor, Frieden bringt. Das kann ein solcher Moment sein.

Michael

[Inge]

Von Herzen Dank, lieber Michael, für deinen einsichtsvollen Beitrag -- er löst ein Echo aus.......

[Kristina]

Warum aber fliehen? Ich glaube, dass das „Nichtstun“, eine ja sehr beliebte Vokabel der Spiritualität, uns eben auch mit diesen Ängsten in Berührung bringt, die wir zwar in einem gewissen Rahmen die Macht haben, zu umgehen, die wir aber freiwillig wieder an uns heranlassen müssen, wenn wir den Heiligen Augenblick nicht nur als gelegentliches Sternstundenereignis erleben, sondern ihn bewusst ansteuern lernen wollen. Nicht, um wieder in der Angst zu versinken, sondern nur, um sie uns anzuschauen, als selbsterträumt, erlebt also nur in der Illussionswelt, und um sie dann weggeben, vergeben zu können an die WAHRHEIT.

Das ist schön beschrieben, danke!


Siboa

 Aber diese Erkenntnis, dass ich Angst vor Gott habe, ist mir erst gekommen nachdem ich Erfahrungen der Einheit machen durfte. 

Manchmal fühle ich mich, als wenn ich ein Wolfskind zu Gott bringen muß...oder selbst das Wolfskind bin.

...schöne Weihnachten!