Gibt es eine Vielheit in der EINHEIT?

[Gregor]

Momentan kann ich überhaupt nicht verstehen, wie man das alles nicht so sehen kann, und ich fühle mich einigermaßen irritiert, dass meine Überlegungen offenbar für die meisten hier ziemlich abwegig klingen.

Nein, nicht abwegig. Wenn man möchte, kann man aus den Kursaussagen so etwas herauslesen.

Ich frage mich allerdings, wozu? Oft genug wird im Kurs die Einheit betont, knüppelhart, kompromisslos und ohne wenn und aber. Ist der Kurs also widersprüchlich?

Nein, keineswegs. Er kommt mir nur entgegen und spricht mich in meiner Sprache und Vorstellungswelt an. Er "holt mich ab", in einer Sprache, die ich verstehen kann.

Und Einheit verstehe ich nicht. Es wird zwar gerne schnell gelispelt "Alles ist eins", aber das ist nur Geplapper ohne Sinn. Ich weiß nicht, was Einheit ist. Je länger ich darüber nachdenke, desto weniger weiß ich, was das bedeutet. Das liegt einfach daran, dass es in meiner "weltlichen" Erfahrung nirgendwo jemals das Eine ohne ein Gegenteil gab. Es gab nur Surrogate, abstrakte Einheit in Bezug auf eine Gruppe von Menschen wie "die Familie", "der Staat", "die Menschheit" oder Ähnliches. Ein Ameisenhaufen ist eine Einheit, bestehend aus perfekt aufeinander abgestimmte Einzelameisen. Mein Körper scheint eine Einheit zu sein, obwohl er aus spezialisierten Zellen besteht, die wiederum aus Molekülen, diese aus Atomen, diese aus Elementarteilchen, diese aus Quarks o.ä, diese aus ???. Aber das kann ich nicht sehen, denn sonst sähe ich, dass der Körper zu fast 100% aus - nichts besteht, Zwischenräume eben, und dass die Trennung von anderen Dingen höchst fragwürdig ist.

Alles das bringt mich der Einheit des Kurses um keinen Mikrometer im Verständnis näher. Der Kurs bzw. der HEILIGE GEIST verlangt von mir, das völlig Unbekannte zu sehen. Das wichtigste Hilfsmittel dazu ist mein Bruder. Den sehe ich als Körper, als besondere Beziehung. Auch hier ist der Kurs eindeutig: solange ich besondere Beziehungen sehe, sehe ich nicht. Da bleibt mir nur eine Möglichkeit: IHN zu fragen, immer wieder neu. Und mich beim "Ergebnis" nicht einzumischen.

Und so frage ich mich, was es in dieser "unmöglichen" Situation bringen soll, darüber zu spekulieren, ob es in der Einheit, die ich nicht verstehe, Vielfalt oder Individualität gibt? Auch der Hinweis auf die unendlich vielen Gedanken GOTTES bringt mich da nicht weiter, denn auch hier ist der Kurs eindeutig: die GEDANKEN GOTTES haben nichts, aber auch gar nichts, mit dem zu tun, was ich unter "Gedanken" verstehe. Denn diese "Gedanken" sind - nicht. Einfach deshalb weil sie nicht miteinander geteilt werden können. Daher ist auch die Welt nichts, denn sie ist für jeden - wenn auch noch so geringfügig - verschieden. Sie kann nicht miteinander geteilt werden, da sie auf Gedanken beruht, die nicht miteinander geteilt werden können. Wer teilt da miteinander? In der EINSGESINNTHEIT werde ich es wissen, auch schon in der RECHTGESINNTHEIT - wenn ich es will, und die kleine Bereitschaft aufbringe. Diese muss nicht perfekt und "allumfassend" sein, denn die Bereitschaft des HEILIGEN GEISTES ist vollkommen. Das genügt. Aber weniger genügt eben nicht. Und dabei spielt irgendeine Vielheit in der Einheit nicht die geringste Rolle.

Gregor

[Elisabeth]

[Elisabeth]

Momentan kann ich überhaupt nicht verstehen, wie man das alles nicht so sehen kann, und ich fühle mich einigermaßen irritiert, dass meine Überlegungen offenbar für die meisten hier ziemlich abwegig klingen.

Nein, nicht abwegig. Wenn man möchte, kann man aus den Kursaussagen so etwas herauslesen.

Ich frage mich allerdings, wozu? Oft genug wird im Kurs die Einheit betont, knüppelhart, kompromisslos und ohne wenn und aber. Ist der Kurs also widersprüchlich?

Nein, keineswegs. Er kommt mir nur entgegen und spricht mich in meiner Sprache und Vorstellungswelt an. Er "holt mich ab", in einer Sprache, die ich verstehen kann.

Und von dort aus, wo ich abgeholt werde, will ich bei meinem Bemühen um Verständnis bis zu den Grenzen meiner Möglichkeiten mitgehen. Ich bilde mir nicht ein, die Gedanken GOTTES begreifen zu können, aber immerhin werden wir im Übungsbuch aufgefordert, über die Begriffserläuterungen, die darin enthalten sind, jeden Tag nachzudenken. Das ist ein Teil des Übungsprogramms, und ich vertraue darauf, dass das für irgendwas gut ist.

Elisabeth

[Thomas]

Hallo Elisabeth,

Ich meine, dass das Wesentliche an Getrenntheit nichts Formales ist. In der Wahrnehmungswelt werden raumzeitliche Formen fetischiert, aber das ist nur ein Effekt, nicht der Kern der Sache. Das Entscheidende an der Getrenntheit besteht meines Erachtens in dem Gedanken, dass man gegensätzliche Interessen haben kann, dass also einer dadurch gewinnen kann, dass ein anderer verliert, und umgekehrt. Das ist das Fressen und Gefressenwerden der Egowelt. Irgendwo im Kurs steht, dass Besonderheit bedeutet, dass man niemandem vertrauen kann außer sich selbst. "Schlachtfeld" ist ein ziemlich treffender Name für diesen Geisteszustand. Räumlich getrennte, abgrenzbare Körper, die sich gegenseitig umbringen können, sind nur ein Ausdruck davon, nicht die Wurzel.

Ja, kann ich auch so sehen.

Stimmt es denn, dass im Kurs die Individualität der Kernpunkt des Ego-Denksystems ist? Ich meine, dass die Besonderheit der Kernpunkt des Ego-Denksystems ist.

Gegenfrage: ist Besonderheit ohne Individualität denkbar? Für mich hängt das unmittelbar zusammen. Der SOHN träumte, vom VATER getrennt zu sein, und damit begann der Traum der Individualität.

Ich scheue davor zurück, darüber zu spekulieren, was es im HIMMEL gibt und was nicht.

Ja, darauf hat ja auch Gregor hingewiesen, dass wir das nicht wirklich wissen können.

Aber für die Vergebung ist es wichtig, dass man sich selbst und den Bruder als Geschöpf begreift. Ich meine, dass das genauso wichtig ist wie der Gedanke, dass die Welt nicht existiert.

Bevor ich dazu was sage: was meinst du mit "Bruder"? Eine Person, einen Körper, eine Seele, einen Geist?

Die eigene Wahrnehmung infrage stellen kann man nur von einem sicheren Ort aus, sonst stürzt man in heillose Verwirrung, oder das Denken führt einen suizidalen Vernichtungsfeldzug gegen sich selbst.

Ja.

Im Kurs ist mehrmals vom Universum, das von GOTT ist, die Rede. Damit kann natürlich kein physikalisches Universum gemeint sein, also keine Sterne und Galaxien. Ich verbinde mit dem Begriff eher Bedeutungen wie die göttlichen Gesetze oder die göttliche Gerechtigkeit, also in dem Sinn etwas Universelles, aber ich lese die entsprechenden Texstellen auch als Metaphern für die Fülle des grenzenlosesn GEBENS. Es sind immer wieder Ausdrucksweisen, die vor allem vermitteln: viel größer als alles, was du dir vorstellen kannst. "Alle Lebewesen" ist einfach nur ein anderes Wort für Bruder, aber eben in einer Ausdrucksweise, die den Aspekt der Vielheit betont.

Warum ist dir die "Vielheit" eigentlich so wichtig?

Es sind in Wirklichkeit die ersten drei Absätze, wie ich jetzt sehe, und ich habe sie bisher nur auszugsweise zitiert. Ich werde sie jetzt unverstümmelt posten, aber in einem eigenen Beitrag, weil das sonst die zulässige Höchstlänge sprengen würde.

Ich lese mir das nochmal aufmerksam durch.

Grüße,

Thomas

[Hans]

[Elisabeth]

Hallo Thomas,

erstmals herzlichen Dank für deine geduldigen Antworten. Das ist nicht selbstverständlich.

Stimmt es denn, dass im Kurs die Individualität der Kernpunkt des Ego-Denksystems ist? Ich meine, dass die Besonderheit der Kernpunkt des Ego-Denksystems ist.

Gegenfrage: ist Besonderheit ohne Individualität denkbar? Für mich hängt das unmittelbar zusammen. Der SOHN träumte, vom VATER getrennt zu sein, und damit begann der Traum der Individualität.

Ich denke ja, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Ich würde sogar sagen, dass Besonderheit das Gegenteil von Individualität ist, weil Besonderheit aus Vergleichen und Unterscheidungen resultiert (besser/schlechter, mehr/weniger dies oder jenes als andere). Individualität ist einfach, ganz ursprünglich und unschuldig. Alle Besonderen fühlen sich von der Besonderheit aller anderen bedroht und müssen dann "noch besonderer" sein, damit ihre Besonderheit nicht verschwindet. Individuen freuen sich über jede individuelle Vielfalt um sie herum und bekämpfen sie nicht, weil es dabei nichts zu gewinnen oder zu verlieren gäbe. Ich glaube auch nicht, dass Individualität etwas mit Getrenntheit zu tun hat.

Aber für die Vergebung ist es wichtig, dass man sich selbst und den Bruder als Geschöpf begreift. Ich meine, dass das genauso wichtig ist wie der Gedanke, dass die Welt nicht existiert.

Bevor ich dazu was sage: was meinst du mit "Bruder"? Eine Person, einen Körper, eine Seele, einen Geist?

Meistens ist der Bruder zuerst ein Körper oder eine Person (aus Egosicht). Erst wenn ich um eine andere Sichtweise bitte, erinnere ich mich, dass er ein Geschöpf GOTTES ist, also Geist. Ich meine, dass das Wort "Bruder" im Kurs mit genau dieser Doppeldeutigkeit verwendet wird. Es ist beides gemeint, der Nachbar, über den man sich ärgert, und der Erlöser, der SOHN GOTTES.

Aber ich habe meinen Bruder nicht erschaffen. Ich habe mir nur ein falsches Bild von ihm gemacht, wenn ich ihn als Körper sehe.

Warum ist dir die "Vielheit" eigentlich so wichtig?

Ich kann nicht an eine karge und monotone Schöpfung glauben, dieser Gedanke kommt mir einfach widersinnig vor. Das ist eine rein intuitive Entscheidung, oder ein Gefühl. Das dann vom Kurs her und rational zu begründen, sind eigentlich nur nachträgliche Versuche, mir das zu erklären.

Gestern kam mir auch der Gedanke: Wenn man glaubt, dass es einen Widerspruch zwischen Einheit und Vielheit gibt, dann könnte man versucht sein, Einheit für eine Form zu halten. Das Gegenteil von EINHEIT ist meines Erachtens der Glaube, dass es einen anderen Willen geben kann als GOTTES WILLEN, dass also mein Wille dem WILLEN GOTTES entgegengesetzt sein kann. Darin sehe ich den Kern der Trennungsillusion, mit allen Konsequenzen, die daraus folgen, zum Besispiel dem Gedanken, dass Gott Opfer von mir verlangt, oder dass ich freier und unabhängiger bin, wenn ich mich von GOTT fern halte usw. Aber das hat alles überhaupt nichts damit zu tun, wie vielfältig GOTTES SCHÖPFUNG ist oder nicht ist.

Ich weiß, dass man mein Plädoyer für die Individualität auch als Angst vor der EINHEIT, in der "ich" mich auflösen würde, interpretieren kann. Das Ego sagt: Gott will dich vernichten. Das ist ein sehr angstvoller Gedanke, aber die Alternative dazu sehe ich nicht in dem Gedanken: Hab keine Angst davor, dich in Nichts aufzulösen, das ist doch etwas Wunderschönes. Ich sehe die Alternative in dem Gedanken: Das Ego lügt. Nur in der LIEBE GOTTES bis du sicher und geborgen.

:herz: Elisabeth

[Elisabeth]

[G.D.]

[667]

[Elisabeth]