29.01.2014, 20:08
(27.01.2014, 11:26)Thomas schrieb: In der spirituellen Szene - vor allem bei Advaitis und Zennies - heißt es oft, wenn man seine wahre Natur erkannt habe, dann würden zwar weiterhin alle Gefühle wie Schmerz, Leid, Zorn, Angst ablaufen, aber da sei dann kein "ich" mehr, das Träger dieser Gefühle sein könne. Man sei also mit diesen Gefühlen nicht mehr identifiziert, man betrachte nur, wie sie ablaufen, sei aber selbst jenseits davon, weil man sie "transzendiert" habe.
Mir war das immer suspekt, schon früher, und ich hatte immer den Verdacht, dass das im Grunde ein Selbstbetrug ist. Man wütet und tobt und behauptet, tja, das sei halt der Körper, aber man selbst sei dies ja nicht. Der Kurs scheint mich zu bestätigen. Wenn mein Geist aufgefühlt wird durch negative Gefühle und Gedanken, dann habe ich mich in dem Moment schlichtweg vergessen und fühle mich getrennt. Wenn dem nicht so wäre, würden diese negativen Gefühle gar nicht erst entstehen.
Ich glaube man muss unterscheiden zwischen "Ego" im Kurssinn und "Ich" in seinen verschiedenen umgagangssprachlichen und psychologischen Bedeutungen.
Ich möchte auf eine Frage zurückkommen, die Rene in einem anderen Zusammenhang mal gestellt hat: Wer ist es denn, der zwischen Ego und HG wählt, wer ist der Entscheider? Eine der Kursübungen lautet: Die Macht der Entscheidung ist mein. Wer oder was ist der Inhaber dieses "mein"? Es ist im Kurs auch viel vom Willen die Rede, und von der Freiheit des Willens. Wo sitzt dieser Wille, wenn es kein Ich gibt? Wenn man sich von verletzenden Gedanken bedrängt fühlt, empfiehlt der Kurs, dass man sich fragt: Will ich das? Das ist meines Erachtens ein anderer Zugang als das bloße Einnehmen einer unbeteiligten ("ichlosen") Beobachterposition. Das Einnehmen der Beobachterposition ist die Voraussetzung dafür, dass sich überhaupt ein Spielraum für eine Entscheidung auftut. Der Kurs bezeichnet das als Zurücktreten: erst mal aus der distanzlosen Identifikation mit dem Geschehen heraustreten. Dann wird aus dem Fürchten, Hassen oder Erleiden von etwas ein "ich habe einen verletzenden Gedanken". Aber damit ist es noch nicht getan. Der nächste Schritt - IHN um Heilung meines Geistes zu bitten - ist etwas Aktives, eine gedankliche Handlung, die bei akuten Ego-Attacken auch ein gutes Stück Entschlossenheit und Konsequenz verlangen kann. Ich bezweifle, dass die Beschwörung der Ichlosigkeit dabei hilft. Mir hilft es nicht.
Elisabeth
Nur Annehmen kann von dir erbeten werden, denn was du bist, ist gewiss. (Ü-I, L.139.8:1)