Die Glückslüge

[Gregor]

Das Credo des Kurses lautet: Vergebung. In welchen Formen sich diese Vergebung beim Einzelnen ausdrückt, ist dabei ziemlich unerheblich. In den Ergänzungen zum Kurs gibt es dazu eine eigene sehr lesenswerte Abhandlung (bescheuertes Wort, aber mir fällt gerade kein besseres ein).

Gegenstand der Vergebung ist, zumindest zu Beginn, immer irgend etwas, was weh tut. Was unglücklich macht. Was Angst erzeugt. Letztlich bezieht sich die Vergebung auf alles, was nicht wahr ist. Oder was unwirklich ist - auf MICH keine Wirkung hat, obwohl ich Wirkungen wahrnehmen mag und an sie tief und fest glaube.

Die Erfahrung zeigt, dass Lernschritte aus Katastrophen, Unglücken, Missgeschicken, Ängsten und Unbehagen entstehen. Irgend etwas läuft schief. Das erfordert Umdenken und führt zum Lernen. Und der Kurs heisst nun mal Kurs, weil er erlernt wird. Die Erfahrung zeigt auch, dass Phasen des Glücks, dass ein gutes Abendessen bei einem phantastischen Rotwein, die erfolgreiche neue Arbeitsstelle o.ä. nicht unbedingt zum Umdenken führt und daher dem Lernen nicht wirklich förderlich ist.

Andererseits wird das Glück zu einer zwanghaften Norm. Ein Grund, den Kurs zu machen, ist die Jagd nach dem immer währenden Glück, dem "spirituellen Frieden", der ständigen Gelassenheit, .... Nun, das ist auch bestimmt kein Phantom, aber häufig ein Stressfaktor. Der Massstab wird zum Mittel, um Schuld zu empfinden (weil trotz heftiger Bemühungen das ewige Glück noch nicht da ist), die Leitplanke wird zum Gefängnis.

Heisst das nun, das Glück zu vermeiden, jeden Erfolg zu verdammen (weil "unspirituell"), auf keinen Fall das Leben zu geniessen und nur Ausschau nach "Vergebungslektionen" zu halten? Der eine oder andere mag sich darin wieder erkennen, aber kurz gesagt: das wäre Selbstsabotage und liefe dem Kurs völlig zuwider.

Genauso ist es jedoch Selbstsabotage, sich auf Grund der "Glücksnorm" (ich nenne sie "Glückslüge") unter Druck zu setzen. Das, was wir "Leben" nennen, ist nun mal nicht so. Es macht keinen Sinn, das "Auf" anzustreben und das "Ab" zu vermeiden. Die zwei Seiten einer Münze lassen sich nicht trennen.

Wenn die Vergebungslektionen kommen, können Sie genutzt werden. Oder jetzt eben noch nicht. Jeder Schmerz, jedes Unbehagen, jede Unpässlichkeit, jede Unwahrheit kann - und wird - vergeben werden. Vielleicht jetzt noch nicht. Da muss man sich keinen zusätzlichen Stress durch die Glückslüge machen oder gar durch die Vermeidung "fehlerhaften" Glücks.

Mach deinen Job, geniesse das Leben, und - vergib.

Gregor

[Franziska]

Vielen Dank
Franziska

[Jalila]

Genau darüber habe ich gerade gegrübelt und prompt finde ich die Antwort - danke Gregor, danke HEILIGER GEIST!

Liebe Grüße
Jalila

[Stephan]

Andererseits wird das Glück zu einer zwanghaften Norm ...

Deshalb sage ich mir und anderen immer mal wieder:
Es gibt ein Menschenrecht darauf, unglücklich zu sein.
Ich würde das gerne in die UN-Menschenrechtskonvention aufgenommen wissen auch weil wir ja heute auf der Arbeit nicht nur unsere vertragliche Pflicht ("unseren Job") tun, sondern möglichst auch noch glücklich dabei sein/wirken sollen, damit wir noch effektiver und erfolgreicher werden etc. Wie überhaupt mit der Inflation der Glücksratgeber in den Buchhandlungen unter der Hand das "Glücklichsein" in der Gesellschaft ebenso wie auf dem spirituellen Irrweg immer mehr zur Norm wird.
Gerade deshalb: Vielen Dank, Gregor, für deinen hilfreichen Text.

Stephan

P.S.: Der Witz bei der Sache ist, dass ich selbst morgen mal wieder ein Gruppengespräch zum Thema "Glück" leiten werde. Mal sehen, was ich da so von mir geben werde, das weiß ich vorher nie so genau ...

[667]

Andererseits wird das Glück zu einer zwanghaften Norm ...

Deshalb sage ich mir und anderen immer mal wieder:
Es gibt ein Menschenrecht darauf, unglücklich zu sein.
Ich würde das gerne in die UN-Menschenrechtskonvention aufgenommen wissen

Schlag das mal den USA vor, die haben den "Pursuit of happiness" gleich in der Verfassung verankert...

@ Thema...

wie? Ich dachte, wenn ich endlich ständig glücklich grinsend durch die gegen laufe, die Arme gen Himmel reiße und rufe... ich leibe meinen Bruder (alle von ihm), der herr hat uns vergeben, dann hab ich endlich den Kurs verstanden, nein? *lol


das hast du schön zusammengefasst Gregor, wo das Brett vorm Kopf sich auf den Weg plastert und ihn zum sprichwörtlichen Holzweg werden lässt...

merci dafür kommt hier gerade sehr gut an in die friedlichen und ganz stillen Stunden, des ersten Schnees, der alle hektik der Welt sanft zuzudecken scheint, bis nur noch ganz friedliche Stille und eine dicke weiße Decke überig bleibt...

geneiße das gerade sehr, obwohl ich ja mal weder Winter noch Schnee mag...

[Gast Erika]

Schmeißt ihr da nicht etwas durcheinander? GOTT, der die LIEBE ist, ist auch das Glück. Zwei Denksysteme - zwei unterschiedliche Definitionen von Glück. Wenn ich als spirituell Suchender das vergängliche Glück des Ego-Denksystems zu einem Dauerzustand ausgebaut haben möchte, kann das nur in die Hose gehen.
Ich kann alle vergänglichen Dinge genießen oder auch nicht, und ich kann in allen Dingen GOTT sehen, wenn ich möchte, muss das aber nicht, weil GOTT mich zu nichts zwingt, denn GOTT ist auch LIEBE und damit Freiheit.
Mein Job kann meine Arbeit zum Gelderwerb sein oder meine Vergebung - meine Wahl, wie ich es sehen möchte.
Glück als Lüge und Glück als Stressfaktor macht im Ego-Denksystem Sinn, im Denksystem des HG aber nicht, denn die Wahrheit ist wahr.
Entweder kann ich mich diesem Denken anschließen, oder ich lasse es.
Es aber zu lassen, weil mir der HG etwas verspricht, was eine Lüge oder stressig ist, finde ich merkwürdig, oder habe Dich, lieber Gregor, total falsch verstanden, was mir noch am liebsten wäre.
Die Wahrheit ist kein Phantom. Gott ist die Liebe, das Glück, die Freiheit, die Wahrheit …. Gott ist!
Wenn das nicht erfahrbar wäre, dann würde das HG-Denksystem auf einer Lüge aufbauen.
Vergeben ist in gewisser Weise auch Verzicht auf die Glückslüge des Ego-Denksystems.
Ich kann hier in der Welt alles genießen. Tue ich das mit dem Heiligen Geist, ist es sogar Vergebungs"arbeit".

Liebe Grüße,
Erika

[G.D.]

Wenn ich als spirituell Suchender das vergängliche Glück des Ego-Denksystems zu einem Dauerzustand ausgebaut haben möchte

Liebe Erika,
wo liest du das aus den obigen Zeilen heraus?

Ich kann alle vergänglichen Dinge genießen oder auch nicht

Ich weiß nicht, ob ich die Rückenschmerzen genieße, die ich gerade habe...

...und ich kann in allen Dingen GOTT sehen, wenn ich möchte

In meinem Rücken sehe ich GOTT nicht, egal ob der Rücken nun weh tut oder sich angenehm anfühlt. Ich nehme aber auch nicht an, dass du dies so pantheistisch meintest?

...muss das aber nicht, weil GOTT mich zu nichts zwingt, denn GOTT ist auch LIEBE und damit Freiheit.

Wieso das Wort "auch"?

Mein Job kann meine Arbeit zum Gelderwerb sein oder meine Vergebung - meine Wahl, wie ich es sehen möchte.

Wieso nicht beides?! - Wie alles in der Welt.

Glück als Lüge und Glück als Stressfaktor macht im Ego-Denksystem Sinn...

Das Egodenksystem ist ja gerade dadurch, dass es immer nach dem Glück SUCHT*, eine "Anleitung zum Unglücklich-, sprich Unzufriedensein".
Leidet es doch unter ständigem Mangel.

...im Denksystem des HG aber nicht, denn die Wahrheit ist wahr.

Wer zweifelt daran?

Entweder kann ich mich diesem Denken anschließen, oder ich lasse es.

Ich kann überhaupt nix alleine. Ich kann lediglich die kleine Bereitwilligkeit aufbringen, IHN zu bitten, dass ER mir SEINE GEDANKEN zeigt. Und das ist die einzige Wahl, die ich habe.

Es aber zu lassen, weil mir der HG etwas verspricht, was eine Lüge oder stressig ist, finde ich merkwürdig, oder habe Dich, lieber Gregor, total falsch verstanden, was mir noch am liebsten wäre.

Wenn ich Gregor richtig verstanden habe, hat er nicht dazu aufgerufen, es zu lassen. Ich habe seinen Beitrag so gelesen: "Mach dir keinen Stress!"

Vergeben ist in gewisser Weise auch Verzicht auf die Glückslüge des Ego-Denksystems.

Wiso nur "in gewisser Weise" und "auch"?

Ich kann hier in der Welt alles genießen. Tue ich das mit dem Heiligen Geist, ist es sogar Vergebungs"arbeit".

Wenn das bei dir so ist, dass du in der Welt alles genießen kannst, dann bist du vielleicht ein Glückspilz. Ich kann das zum Beispiel nicht, sonst wäre die Notwendigkeit, den Kurs lernen zu wollen, wohl gar nicht gegeben. Das einzige, was ich zur Zeit sagen kann: ich leide oft nicht mehr so unter Dingen, die passieren und manchmal kann ich sogar darüber lachen. Und dafür bin ich wirklich dankbar - wenn ich dies auch leider nicht selten wieder vergesse... Ich glaube, das war vielleicht Gregors Intention, zu sagen: "Sei nicht unglücklich, wenn du (noch) nicht immer glücklich bist!"

Gudrun
Schön, mal wieder was von dir zu hören.


*Hier noch einmal eines meiner Lieblingsgedichte:

Glück

Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.

Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt Du noch nicht, was Friede ist.

Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,

Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz, und deine Seele ruht.

Hermann Hesse

[gottfried]

wie? Ich dachte, wenn ich endlich ständig glücklich grinsend durch die gegen laufe, die Arme gen Himmel reiße und rufe... ich leibe meinen Bruder (alle von ihm), der herr hat uns vergeben, dann hab ich endlich den Kurs verstanden, nein? *lol

du bist lustig

[Stephan]

Wenn ich Gregor richtig verstanden habe, hat er nicht dazu aufgerufen, es zu lassen. Ich habe seinen Beitrag so gelesen: "Mach dir keinen Stress!"

So habe ich ihn auch verstanden.

Stephan

[Inge]

Danke, G.D. -- zählt auch zu meinen Lieblingsgedichten!

*Hier noch einmal eines meiner Lieblingsgedichte:

Glück

Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.

Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt Du noch nicht, was Friede ist.

Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,

Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz, und deine Seele ruht.

Hermann Hesse