"Wer wem"?

[Elisabeth]

Aber ich interpretiere natürlich die Aussagen des Kurses für mich, das tut jeder. Selbst wenn du meinst, du würdest nicht mehr interpretieren und den Kurs quasi wörtlich nehmen - was ich persönlich nicht für sinnvoll halten würde - so wirst du auch dann wie jeder andere den Worten, die du da liest, eine Bedeutung für dich geben. Anders geht es gar nicht, außer du würdest die Worte bloß wie leere Formeln vor dich hinmurmeln.

Wie kommst du erstns drauf, ich würde meinen, ich würde den Kurs nicht mehr interpretieren?
ich habe doch sehr deutlich geschrieben, dass die Interpretation und das Kursverständnis sich ständig ändert und das auch weiterhin tut...
und zweitens, wenn du dich so hartnäckig weigerst, die Autorschaft Jesus anzuerkennen und mir dann erzählst, du rationalisierst ja nicht, du interpretierst nur, dann frag ich mich ernsthaft, was du mir grad weiß machen willst?
nehmen wir was anderes:
dieser Kurs ist gänzlich wahr.
was machst du damit? rationalisieren oder auch wieder "nur" interpretieren und es dir damit bequem hinbasteln, dass es am alten angestammten Denkmuster so wenig wie möglich verändert und du deine "Spielsachen" behalten kannst?
[...]
wenn man das so macht, rationalisiert man alles, was im Kurs steht und interpretiert es sich so hin, dass es bequem ins Ego.Denken eingefügt werden kann, kurzfriste Ego-Aufstände solange inklusive, bis das alte Denken sich soweit eingefunden hat, dass es dir Kursprinzipien für sich selber nutzbar macht - unbemerkt.

Natürlich besteht diese Gefahr immer. (In den traditionellen Religionen haben davor vor allem Fundamentalisten furchtbar Angst) Warum nicht einfach dem Kurs vertrauen, dem Leben, sich selbst?

Ich sehe das auch so. Ich erinnere an das strenge Interpretationsverbot im Islam, das sich gar nicht gut auswirkt, und eine Gemeinschaft von Kursschülern, in der es zugeht wie in einer pakistanischen Koranschule, wäre von Angst getrieben und daher unglaubwürdig. Auch fundamentalistische Kreise anderer Religionen tendieren zum ängstlichen Wörtlich-Nehmen. Das führt erfahrungsgemäß eher zur Verfolgung von „Ketzern“ als zu mehr spiritueller Hingabe, und das Christentum hat in seiner blutigen Geschichte genug Lehrgeld bezahlt. Ich hoffe jedenfalls, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben.

Vielleicht darf man mal wieder auf das Bild des einschneidigen Schwertes der SÜHNE zurück kommen, als das der Kurs im Kurs charakterisiert wird: Die SÜHNE kann nur heilen, aber nicht schaden. Der Kurs kann einen schmerzhaften Lernprozess verkürzen (Zeit einsparen), aber der Ausgang dieses Lernprozesses wäre auch ohne den Kurs gewiss. Kursschüler können durch Lern- und Verständnisfehler schlimmstenfalls Chancen versäumen, Hilfe anzunehmen, aber sie können dadurch die Erlösung nicht gefährden. Man darf also gelassen auf (vermeintliche) Fehler reagieren – und vertrauensvoll. Vertrauen wird im Kurs immerhin als die wichtigste Frucht des Lernens hervorgehoben.

Inwiefern ist es relevant, ob man glaubt, dass der Kurs von Jesus ist? Was das überhaupt bedeutet, ist nicht so klar, wie es auf den ersten Blick aussieht. Ist der CHRISTUS nur in Jesus, aber nicht auch in Helen Schucman und in uns allen? Wenn der Kurs von einer historischen Person stammt, egal ob Jesus oder Helen, ist er dann von CHRISTUS, und kann er dann gänzlich wahr sein? Ich halte einen Versuch, diese Fragen zu beantworten, nicht für sinnvoll. Helen Schucman hat jedenfalls unmissverständlich gesagt, dass sie den Text nicht verfasst, sondern nur aufgeschrieben hat. Das nennt man jetzt „Channeling“, früher hat man es unter anderem als Prophetentum bezeichnet. Es ist in der spirituellen Weltliteratur vieler Traditionen keine Seltenheit, egal wie man sich dieses Phänomen erklärt, und egal wie man es bewertet (nicht jedes gechannelte Buch ist lesenswert, und nicht jedes lesenswerte Buch ist geschannelt). Ich habe noch nie erlebt, dass ein Kursschüler in der Form argumentiert „Schucman will mit dieser Interpretation des Evangeliums sagen, dass…“, „Schucman will mit ihrem Jesusbild zeigen, dass…“ Auch von Thomas habe ich derlei noch nie gelesen. Insofern sehe ich da keine Differenzen, die eine gemeinsame Gesprächsbasis gefährden würden.

Elisabeth