26.04.2011, 11:27
(26.04.2011, 11:00)Hannes schrieb: Warum schreiben wir immer "ich vergebe mir die Depression" (oder was auch immer ...). Warum schreiben wir nicht "ich vergebe sie, die Depression"? Ich vergebe nicht mir, ich vergebe mich. Ich vergebe nicht die Schuld, ich leugne sie. Ich erkenne sie als nicht-existent. Ich sehe die Depression als unwahr, als nicht vorhanden.
Worin unterscheiden sich Krankheiten von anderen Götzen? Was ist eine Depression anderes als ein Lottogewinn? Was sind sie anderes als unterschiedliche Ausformungen unseres Wunsches nach Besonderheit? Die einen wünschen sich mehr Geld, die anderen mehr Leid (vielleicht, weils mit dem Geld nicht geklappt hat). Die einen sind high, die anderen sind down. Und doch sind sie in gleicher Weise ver(w)irrt.
Seid nicht böse, wenn das gar nicht lieb klingt. Ich hatte einige Zeit mit einem Psychiater zu tun, der die Ansicht vertrat, dass das Schlimmste, was man einem Depressiven antun könne, darin besteht, ihn aufbauen zu wollen.
Es hätte uns am liebsten alle in einen Flieger nach Afghanistan gesetzt. Seine Prognose lag bei einer Spontanheilungsquote von etwa 98 %.
Wir entscheiden uns für die Depression, wie wir uns für einen Beruf, eine Karriere, eine Ehe oder was auch immer entscheiden. Erst, wenn alles in Trümmern liegt, wenn wir tagelang auf dem kalten Küchenboden neben einem Schränkchen hocken und es in keine Richtung mehr einen einzigen Millimeter weiter geht, entschlüpft uns ein kleines "Bitte hilf mir.". Genau in dem Moment ist der Knoten geplatzt.
Ich zieh jetzt mal die Rübe ein, falls was geflogen kommt.
Ganz liebe Grüße, Hannes
Lieber Hannes,
also von mir kommt nix geflogen. Ich finde du hast auf etwas ganz Wesentliches hingewiesen.
Vergeben ist im Grunde die Anerkenntnis, dass etwas nicht wahr ist und der Ausspruch "Ich bin depressiv" zeugt schon von der Identifikation mit der Depression.
Ich kann nicht depressiv sein.
Ich bin Gottes Sohn.
Ich bin Gottes Sohn.
Wenn ich mich mit ihr identifiziere, versuche ich nichts anderes, als sie wahr zu machen. Aber das wird mir nicht gelingen.
Der dunkle Zustand der Depression bezeichnet im Grunde unser aller Zustand, solange wir uns nicht für das Licht entscheiden, das wir sind. Wir alle hocken in der Dunkelheit. Bis wir uns anders entscheiden.
Im Grunde ist die Depression eine Art von Besonderheit, nur in die andere Richtung.
Marian