19.01.2009, 18:58
Eisbärfreund schrieb:Hallo an Alle!
Ich bekenne mich als Kurs-Anfänger und eine für mich wichtige Frage begleitet mich jetzt schon eine Weile:
[b]Wie vergebe ich "richtig" ohne damit die Schuld anzuerkennen, die es ja nicht gibt?[/b] Es wäre für mich sehr hilfreich, Situationen aus eurem Alltag zu erhalten, da ich mich mit den Kurstexten selbst noch sehr plagen muss.
Vielen Dank im voraus!
Birgit
Liebe Birgit,
ich will gerne versuchen dir zu schildern, wie ich vergebe. Ich glaube, der wichtigste Punkt dabei ist die Anerkennung, dass das, was ich als Schuld im anderen zu sehen glaube, nicht im anderen sein kann, sondern dass es in mir ist. Wenn du glaubst, dass es im anderen ist, versteckst du deine eigenen Gefühle im anderen, wo sie dir als Schuld erscheinen - damit wird gerechtfertigt, dass sie versteckt werden dürfen.
Ich habe vor Jahren damit begonnen, mich konsequent gegen Ärger zu entscheiden. Angefangen habe ich damit, dass ich mich nicht mehr über "blöde Autofahrer" ärgern wollte, weil mir das eine relativ leichte Aufgabe erschien. Diese Entscheidung, ernsthaft getroffen, führte dazu, dass ich in all den Ärger-Situationen nicht mehr automatisch in Ärger verfiel und mir unbequeme Fahrer innerlich beschimpfte, sondern dass ich bewusst anerkannte, dass mal wieder ein Gefühl mit mir durchgehen wollte. Ich dachte dann ganz automatisch: Ich wills nicht, ich brauchs nicht! Und der Ärger begann einfach, auszubleiben.
Ich habe dieses Prinzip dann ausgedehnt und eigentlich bedeutet das nur, dass ich wachsam gegenüber jeder Regung von Ärger wurde. Ich habe dabei allerdings auch gelernt, dass es unterschiedlich starke Ärgerquellen gibt und dass nicht jede gleich leicht aufzugeben ist, wie die andere. Dadurch lernte ich, an was ich besonders "hänge", was mich am tiefsten zu verletzen scheint - was also Ärger am meisten zu rechtfertigen scheint.
Ich würde es so ausdrücken wollen, dass Vergebung bedeutet, die Verantwortung für jede Regung zu übernehmen und damit aufzuhören, sie dadurch abzuschütteln, dass ich eine Ursache außerhalb meiner selbst dafür erfinde. Der nächste Schritt ist das Loslassen dieser Regung als etwas "Notwendiges", das zu mir gehört und das ich dringend brauche. Dies dem HG zu übergeben ist ein Vorgang den ich beschreiben würde als "frei lassen" oder "dies ist nicht meins, geschehe damit, was wolle". Wenn ich Schritt sage, meine ich damit keine zeitliche Aufeianderfolge bewusster Maßnahmen - es ist eines: Es in mir sehen, freigeben... mir gehört nichts, es ist alles zur freien Verwendung für das Universum, den HG, wie du willst.
Die übliche Methode der Welt besteht eher darin, über Ärger nachzudenken, ihn zu begründen, Für und Wider abzuwägen, Rechtfertigungen zu erfinden etc. und ihn dadurch eben nicht frei zu lassen sondern so zu binden und zu festigen.
Vergebung ist nicht einfach denn sie konfrontiert dich mit dem, an was du hängst und nicht aufgeben willst. Die vielen kleinen Erfindungen darüber, was die Welt sei, was man alles benötige, welchen Wert was hat, vor allem die Verletzungen, die man durch Projektion in den anderen loswerden möchte. Aber wenn du einmal verstanden hast, dass es keine Absicht gibt, dich zu verletzen sondern dass jeder Angriff (Ärger) einen Gelegenheit zur Heilung ist, wird Vergebung zu einer perfekten und ganz kostenlosen Therapie. Wenn es nichts mehr zu vergeben gibt, wird die Welt von selbst eine andere sein.
Thomas